Evolution eines Buches
Ein Interview mit Madeleine Leitner über die neue Ausgabe von Durchstarten zum Traumjob von Richard Nelson Bolles.
Eine Stelle findet man nicht, indem man auf Anzeigen in der Zeitung oder Ausschreibungen im Internet antwortet. Denn die meisten Jobs werden nie annonciert, sondern auf andere Weise vergeben. Bolles leitet dazu an, sein persönliches Netzwerk zu aktivieren und auf informellen Wegen nach Arbeit zu suchen. Sein höchst erfolgreicher Ratgeber kommt 2002 in völlig neuer Bearbeitung heraus.
Richard Nelson Bolles'
Durchstarten zum Traumjob (im Original:
What Color is your Parachute) ist mit über sieben Millionen
weltweit verkauften Exemplaren das erfolgreichste Handbuch zu
Selbstfindung und Jobsuche; es ist in zehn Sprachen übersetzt
worden und hat unzähligen Menschen geholfen, auf einfallsreichen
Wegen an eine Stelle zu kommen. Auch in Deutschland ist es seit
Jahren ein Bestseller. Gerade sind im Campus Verlag die völlig neu
bearbeitete Ausgabe und ein "Workbook" dazu erschienen.
Diplompsychologin Madeleine Leitner, die als
Karriereberaterin, Psychotherapeutin und Personalberaterin tätig
ist, hat bei Richard Nelson Bolles in den USA Seminare in
Work/Life-Planning absolviert. Sie hat bereits die erste Ausgabe
für den deutschen Markt bearbeitet und wieder intensiv bei der
Gestaltung der Neuauflage - die sie diesmal auch übersetzt hat -
mitgewirkt. Auf ihrer Website (www.karriere-management.de) können
Leser weitere Informationen abrufen und sich in Forum und Chat über
die Themen des Buches austauschen.
Sie haben bei der deutschen Ausgabe von
Durchstarten eine Schlüsselrolle gespielt. Wie kam es
eigentlich dazu?
Zum ersten Mal bin ich 1981 auf das Buch aufmerksam
geworden, aber erst, als ich es 1994 mit einem Stapel anderer
Bücher aus Amerika mitgebracht habe - inzwischen hatte ich
Berufserfahrung in der Personalauswahl -, habe ich es bewusst
gelesen und war sofort begeistert. Noch im gleichen Jahr bin ich
als erste Deutsche zu Richard Nelson Bolles gefahren und habe
seinen Kurs absolviert, eine Mischung aus Selbsterfahrung und
einer Ausbildung für Berufs- und Karriereberater. Danach habe ich
in jahrelanger Guerillaarbeit, anders kann man es kaum nennen,
versucht, dieses Buch in einer vernünftigen Ausgabe nach
Deutschland zu bringen.
War das so schwer?
Ja, und zwar, weil es das Buch schon in Deutschland gab. Es
hieß
1000 geniale Bewerbungstipps und war unglaublich
verunstaltet. Man kam also nicht an die Rechte heran. Doch dann
wollte der damalige Verlag das Buch nicht mehr neu auflegen, gab
also die Rechte auf. Der Agent Thomas Schlück hat das Buch dann
40 Verlagen in Deutschland angeboten - keiner wollte es haben. Um
die Suche zu erleichtern, habe ich angeboten, eine deutsche
Anpassung zu machen, denn als Gegenargument kam häufig von den
Verlagen: "Das ist zu sehr auf Amerika ausgerichtet und
funktioniert hier nicht." Dann kam über eine meiner Bekannten der
Kontakt zum Campus Verlag zustande, und Campus sagte schließlich
ja.
Das Buch hat sich im Laufe der Jahre immer stärker verändert.
Was ist das Besondere an der neuen Ausgabe?
Die erste Auflage ist in Amerika 1970 erschienen und seit
1975 kommt dort jedes Jahr eine durch Dick Bolles neu bearbeitete
Ausgabe heraus. Manchmal sind nur ein paar Seiten dazugekommen,
dann wieder wurde es komplett umgestaltet. Ende der 90er Jahre
hat Bolles das Buch einmal nicht besonders gut verändert - dabei
ging die Systematik etwas verloren und man wurde ständig von
hinten nach vorne verwiesen und umgekehrt. Letztlich war das Buch
also Flickschusterei, und daran krankte auch die deutsche
Fassung. Deshalb hat Bolles das Buch für die Ausgabe 2002 von
vorne bis hinten neu geschrieben, damit es aus einem Guss ist. Es
fängt jetzt viel plausibler an, mit dem Thema "Was haben Sie
eigentlich vor, was ist Ihr Ziel?" und geht dann systematisch in
die einzelnen Themen.
Was ist neu hinzugekommen?
Ein aktueller Teil über Jobsuche im Internet
beispielsweise. Dick Bolles hat ja von Anfang an gezeigt, dass
die üblichen Bewerbungswege nur ein Teil der Wahrheit sind. Jetzt
hat er durch Fakten belegt, dass das Internet für Jobsuchende
ähnlich ineffektiv ist wie Bewerbungen zu schreiben. Zwei Drittel
aller Stellenbesetzungen laufen nicht über Ausschreibungen, und
auch nicht über Internet, wie sich jetzt herausgestellt hat,
sondern kommen auf anderen Wegen zustande. Die Tradition des
Buches ist: Wie kann ich Jobs finden, die nicht ausgeschrieben
sind? Und natürlich die Selbst- und Berufsfindung: Was passt
überhaupt zu mir?
Welche Funktion erfüllt denn das neue Workbook?
Das Workbook ergänzt das Handbuch, man kann es aber auch
als eigenständiges Arbeitsbuch nutzen. Es enthält eine Menge
Übungen, um seine individuellen Fähigkeiten und Neigungen zu
analysieren. Zwar greift es eines der "Blumen"-Modelle von Dick
Bolles auf, aber in ausführlicherer Form und mit zusätzlichem
Material.
In der gegenwärtigen Situation kommt die Neuausgabe eines so
bewährten Buchs zum Thema Bewerbung vermutlich genau richtig. Hat
Bolles wertvolle Denkanstöße zu geben?
Das Thema Arbeitslosigkeit ist aktueller denn je.
Haarsträubend, wie unsere Regierung versucht, das Problem mit
Vermittlungsgutscheinen zu lösen. Es wäre besser, wenn diese
Leute endlich mal den Ansatz von Bolles verstehen würden: Es
macht mehr Sinn, den Leuten das Know-how an die Hand zu geben,
damit sie sich eigenständig orientieren, statt sie wieder zu
"vermitteln".
Dick Bolles hat ja selbst demonstriert, was herauskommen kann,
wenn man sich nach der Arbeitslosigkeit beruflich neu orientiert
...
Ganz richtig. Dick war ja für die Kirche tätig, und um 1970
gab es in den USA die erste Entlassungswelle von Priestern in den
USA. Damals hat er die erste Fassung des Buchs geschrieben. Er
sagt in einer der Ausgaben, dass die Arbeitslosigkeit damals
eigentlich das Beste war, was ihm passieren konnte, weil er dann
durch das Buch eine ganz andere Karriere begonnen hat.
Richard Nelson Bolles:
Durchstarten zum Traumjob.
Das Handbuch für Ein-, Um- und Aufsteiger
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2002,
6. Auflage (vollst. aktual., überarb.
u. erweit. von Madeleine Leitner),
411 Seiten, 21,50 Euro.
ISBN 3-593-37088-3
Richard Nelson Bolles:
Durchstarten zum Traumjob: Das Workbook,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2002,
64 Seiten, 15,90 Euro,
ISBN 3-593-37003-4
www.campus.de
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Richard Nelson Bolles: Durchstarten zum Traumjob.. Das Workbook.. Campus Verlag, Frankfurt 1900, 64 Seiten, ISBN 3-593-37003-4
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