Das Druckpunktprinzip.
Mit rechten Dingen ist es dabei
anscheinend nie zugegangen, liest man die Beispiele von Sieren.
Weder beim Aufstieg des Computerhersteller Lenovo oder des
Mobilfunkanbieters Ningo Bird. Noch beim Autobauer Chery oder dem
Kühlschrankhersteller Haier. List und Betrug, gepaart mit
westlicher Leichtgläubigkeit, hätten zum internationalen Aufstieg
dieser Unternehmen beigetragen, schreibt Sieren. Beispiel List:
"Ausgeruht den erschöpften Feind erwarten" - auf die Art wurde
der Telekomausrüster Huawei zum Global Player, der heute "35 der
Top-50-Telekomunternehmen bedient und die Nummer drei weltweit
beim Verkauf von Hauptroutern ist". Beigetragen haben dazu die
hohe Produktqualität durch Kooperationen, zum Beispiel mit IBM,
und geringe Personalkosten für chinesische Ingenieure, was es
ermöglichte, den Kunden mehr Manpower als üblich zur Verfügung zu
stellen.
Zum anderen wandte das Unternehmen die Strategie des
"Druckpunktprinzips" an, erklärt Sieren: "Man muss die losen
Ziegel in den Schutzmauern der Konkurrenz finden." Statt die
Konkurrenten frontal anzugreifen, habe Huawei einen Umweg
gewählt: Es sammelte erst in den unterentwickelten, aber schnell
wachsenden Märkten der Dritten Welt Erfahrungen im
internationalen Geschäft - einem Markt, "der von den Großen
vernachlässigt wurde, weil er zu klein war und ein höheres Maß an
Flexibilität verlangte". Wie die Vereinigten Arabischen Emirate
mit 2,4 Millionen Einwohnern. Dort hatten Ericsson und Motorola
das Nachsehen.
Klein beigeben.
Auch Airbus erging es nicht besser
in der Konkubinenwirtschaft. Der angeschlagene Konzern brauchte
dringend einen lukrativen Auftrag aus China. "Und damit Boeing
den nicht bekam, willigten die Europäer ein, die Flugzeuge in
China herzustellen." Der Technologietransfer war damit perfekt:
"Airbus verleiht China nun Flügel", sagt Sieren. Die Gefahr
dabei: Lernen heißt zuweilen auch klauen - denn mit
Urheberrechten nehmen es die Aufsteiger nicht so genau. Das
beweise das Verhalten des Autoherstellers Chery. Dieser habe
nicht nur sein erstes Auto mit illegal erworbenen Originalteilen
des Jetta von Volkswagen zusammengebaut. Sondern auch von einem
ehemaligen Daewoo-Manager Konstruktionszeichnungen für einen
Kleinwagen erhalten. Und schließlich unter dem Namen QQ bauen
lassen. Dieser ist heute eines der bestverkauften Modelle auf dem
chinesischen Markt. Sehr zum Leidwesen von GM, das im Jahr 2000
Daewoo übernommen hatte. Sie gingen vor Gericht. "Und waren
gezwungen, klein beizugeben. Der politische Schaden im
chinesischen Markt wäre zu groß gewesen." So das Fazit des
China-Experten. Ein Einzelfall ist GM dabei nicht.
Anhand zahlreicher Firmenbeispiele deckt Frank Sieren die
Strategien und Intrigen der Chinesen auf, aber auch die Schwächen
und die Leichtgläubigkeit des Westens. Dabei überrascht der
Autor, der seit Anfang der 90er-Jahre in China lebt, immer wieder
mit detaillierten Hintergrundinformationen. Dass er das
chinesische Auto Beauty Leopard der Firma Geely als "schneidigen
Sportwagen" bezeichnet, ändert daran auch nichts.
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Frank Sieren:
Die Konkubinenwirtschaft.
Warum westliche Unternehmen in China scheitern
und die Chinesen an die Weltspitze stürmen.
Carl Hanser Verlag, München 2008,
272 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-446-40975-0
www.hanser.de
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Zum Buch
Frank Sieren: Die Konkubinenwirtschaft. . Warum westliche Unternehmen in China scheitern und die Chinesen an die Weltspitze stürmen. Carl Hanser Verlag. Carl Hanser Verlag, München 2008, 272 Seiten, ISBN 978-3-446-40975-0
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