Auf den Mond und wieder zurück!
Wie solche Simulationen aussehen
können, zeigt das Beispiel John F. Kennedy: Kennedy hätte nach
seinem Amtsantritt 1960 sagen können, die Mission der USA bestehe
darin, "zum internationalen Führer in der Raumfahrt aufzusteigen,
und zwar mit einem Maximum an teamorientierten Innovationen und
strategisch ausgerichteten Luft-Raumfahrt-Initiativen".
Stattdessen drückte er denselben Sachverhalt so aus: "Die USA
werden bis zum Ende des Jahrzehnts einen Mann auf den Mond
schicken und ihn sicher wieder zurückbringen." Mit dieser kleinen
Geschichte hat Kennedy, so die Autoren, "ein Jahrzehnt lang das
Handeln von Millionen Menschen" motiviert. Sein Satz wies alle
Strukturmerkmale einer einprägsamen Idee auf: Er war einfach
formuliert, kam unerwartet, war sehr konkret, wirkte glaubwürdig,
sprach die Gefühle der Amerikaner an und war in einer kleinen
Geschichte verpackt. Nach den Forschungen von Heath/Heath eine
perfekte Idee.
Gute Ideenvermittlung praktizierte auch der Inhaber einer
sehr erfolgreichen Lokalzeitung in den USA, der seinen
Redakteuren und Fotografen für ihre tägliche Arbeit das einfache
Leitmotiv "Namen, Namen und nochmals Namen" eintrichterte. Die
Leser sollten sich und ihre Nachbarn in ihrer Lokalzeitung
wiedererkennen. So wussten die Mitarbeiter im Zweifelsfall immer,
dass der Name des unbeteiligten Zeugen am Straßenrand wichtiger
war als der genaue Hergang des Unfalls, ein Foto des
Stadtdirektors wichtiger als eines vom schönen Sonnenuntergang im
Stadtpark. Um seine Botschaft noch mehr herauszustellen und sie
in den Gehirnen seiner Mitarbeiter zu verankern, scheute der
Verleger auch vor maßlosen Übertreibungen nicht zurück: "Wenn ich
könnte, würde ich Telefonbücher drucken." Mit dieser Übertreibung
durchbrach er die Erwartungen des gesunden Menschenverstandes -
und machte dadurch seine Botschaft noch einprägsamer. Der gesunde
Menschenverstand ist nämlich "der Feind einer einprägsamen
Botschaft", so die Autoren. Der Mensch kann sich Dinge besser
merken, die sich nicht gleich einordnen lassen.
Ideen aufspüren!
Die Beispiele zeigen
tröstlicherweise auch, dass Kreativität und gute Ideen nicht im
luftleeren Raum entstehen: Chip und Dan Heath meinen, "dass wir
eine einprägsame Idee nicht eigens kreieren müssen. Oft ist es
einfacher und praktikabler, sie aufzuspüren." So wie der Chef
einer Werbeagentur den Studenten Jared aufspürte, der durch eine
selbst ausgetüftelte Subway-Diät mehr als die Hälfte seines
Übergewichts verloren hatte. Kein Marketing Director hätte diese
Story erfinden können - wahrscheinlich hätte er sie selbst für
unglaubwürdig gehalten. So reagierte wohl auch das
Subway-Management. Weil dieses den Wert dieser Marketing-Idee
nicht erkannte, produzierte der Werber die Geschichte von Jared
zunächst auf eigene Kosten. Schließlich aber trug der Einsatz
dieser realen Geschichte in der Subway-Werbung maßgeblich zum
Erfolg der Kette in den USA bei. Auch hier handelt es sich wieder
um eine einfache, emotionale Geschichte mit sehr konkretem und
anschaulichem Inhalt. Eine Geschichte zudem, wie man sie von
einer Fast-Food-Kette so nicht erwartet hätte.
Da die Brüder Heath ihr Buch nach den sechs
Strukturprinzipien einer guten Idee gliedern, findet man sich in
der Fülle der Beispiele immer gut zurecht. Sie fördern lauter
interessante Ergebnisse zutage, die zwar nicht alle neu sind.
Aber man freut sich, diese Erkenntnisse und dieses Buch
aufgespürt zu haben. Die eingangs zitierte Erkenntnis, dass die
Grenze zwischen den Protagonisten und dem Publikum einer
Geschichte fließend sei, hatte übrigens der Schriftsteller Ludwig
Tieck vor 200 Jahren auch schon. In seinem Stück
Der gestiefelte Kater entsteht heillose Verwirrung
darüber, wo denn nun eigentlich die Bühne und wo das Publikum
ist. Weder Zuschauer noch Protagonisten können noch zwischen
Wirklichkeit und Simulation unterscheiden - eigentlich trifft das
auch unsere heutige Situation recht gut. Richtig populär wurde
die Geschichte übrigens erst später als Märchen, herausgegeben
von - na, den Brüdern Grimm!
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Chip Heath / Dan Heath:
Was bleibt.
Wie die richtige Story Ihre Werbung
unwiderstehlich macht.
Carl Hanser Verlag, München 2008,
328 Seiten, 24.90 Euro.
ISBN 978-3-446-41324-5
www.hanser.de
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Zum Buch
Chip Heath / Dan Heath: Was bleibt. . Wie die richtige Story Ihre Werbung unwiderstehlich macht. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 328 Seiten, ISBN 978-3-446-41324-5
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.