Mensch Meier
Das Einzige, was stört, sind die Teilnehmer - das neue Buch von Rolf Meier.
Von Heike Rudloff
Was tun, wenn im Seminar alles schiefläuft, weil einzelne Teilnehmer lieber Zeitung lesen, tuscheln oder alles besser wissen? Auch für erfahrene Trainer ist das eine heikle Situation - doch sie sind die Einzigen, die sie lösen können. Ein erfahrener Erwachsenenpädagoge gibt wertvolle Tipps, wie man aus Problemteilnehmern motivierte Mitlerner macht. / 23.03.07
Das Einzige, was im Unterricht stört, sind die Schüler. Dieser alte Stoßseufzer aus der Lehrerzunft gilt eins zu eins auch für den Seminarbetrieb, wobei es kaum einen Unterschied macht, dass die Unterrichteten dort einige Jahre mehr auf dem Buckel haben. So wie in jedem Klassenzimmer geschwätzt, gestört und Unsinn betrieben wird, gibt es auch in Seminaren Teilnehmer, die den Seminarleiter vor eine besondere Herausforderung stellen: Unwillige Teilnehmer zum Beispiel, die eigentlich überhaupt keine Lust auf dieses Seminar haben, sondern lieber mit dem Nachbarn tuscheln oder Zeitung lesen. Oder chronische Zuspätkommer, die die Aufmerksamkeit, die ihnen ihr Solo-Auftritt beschert, durchaus genießen. Gelegentlich sitzt auch ein detailverliebter Nachbohrer vor dem Trainer, der etwa die gerade genannte Definition in Zweifel zieht und - mit Laptop und WLAN ist das ja kein Problem - schnell die Variante vorliest, die Wikipedia dazu anbietet. All diese Teilnehmer zu motivierten Mitlernern zu machen ist nicht immer einfach und kann mitunter auch scheitern.

Der Trainer hat es in der Hand.


Ohne Teilnehmer könnte man wunderbar unterrichten - so mancher Trainer mag diesen Satz schon gedacht, wohl aber selten ausgesprochen haben. Denn Trainings sind teuer, und die Erwartungen an die Trainer entsprechend hoch. Sie sollen schnell und erfolgreich Wissenspakete oder neue Verhaltensweisen vermitteln und die Teilnehmer zu messbar guten Lernerfolgen führen. Da ist oftmals guter Rat teuer. Rolf Meier, erfahrener Trainer und Pädagoge, Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens und zudem Lehrbeauftragter an der Uni Köln, hat sich den Stoßseufzer zu Herzen genommen. Mit seinem Buch Das Einzige, was stört, sind die Teilnehmer liefert er sehr kenntnisreiche Ratschläge und Handlungsempfehlungen für Trainer in Not. So sehr diese manche ihrer Teilnehmer schon verflucht haben mögen, sind sie doch die Einzigen, die die missliche Lage positiv beeinflussen können. Rolf Meier beschreibt klar und strukturiert, wo der Trainer ansetzen kann, und gibt viele hilfreiche Tipps und Ratschläge für den Umgang mit problematischen Situationen im Seminar. Das beginnt bei äußerlichen Aspekten wie der Gestaltung und Ausstattung von Seminarräumen und endet bei den Stärken und besonderen Fähigkeiten des Trainers. Das Buch bietet dazu Kurztests zur Schärfung der Selbstwahrnehmung, die in den Blick rücken, was der Trainer oder Lehrer an didaktischen Kompetenzen mitbringt, worauf seine Arbeitsmotivation beruht und welche persönlichen Eigenschaften und Methoden besonders wirksam sind.

Die Teilnehmer im Blick.


Vor allem aber lenkt der Autor den Blick auf die Menschen, die im Training sitzen. So ist zum Beispiel nicht jeder Teilnehmer auf dem angebotenen Weg lernfähig - für den Trainer gilt es daher, sich ein genaues Bild von seinen Teilnehmern zu machen. Der erfahrene Erwachsenenpädagoge Meier führt seine Leser sehr nah an die Lernenden heran: Wen habe ich da vor mir? Welche Erwartungen und Wünsche bringen die Teilnehmer mit? Für welche Möglichkeiten der Vermittlung sind sie zugänglich? Wovon hängt es ab, ob sie hinterher mit dem Dozenten und seinem Training zufrieden sind oder nicht? Und wie kann es andererseits kommen, dass Teilnehmer während des Seminars plötzlich demotiviert und abwehrend reagieren? Und wie holt man sie dann wieder ins Boot? Nicht zuletzt kommt auch ein besonders wichtiger und nicht selten unterschätzter Aspekt zur Sprache: Wie erreicht man einen partnerschaftlichen Umgang mit Teilnehmern, ohne sich dabei anzubiedern? Für diese Fragen hat Rolf Meier hilfreiche Tipps und Anregungen parat.
Auf der anderen Seite kann das eigentliche Problem auch beim Trainer selbst liegen. Demotivation und Burnout-Gefahr sind hier das Stichwort. Konflikte im Seminar können erste Anzeichen sein - Anzeichen, die es zu erkennen gilt. Meier bietet hier einen Fragenkatalog zur besseren Selbsteinschätzung an und gibt Empfehlungen, wie man einem Burnout gegensteuern kann. Dazu gehört unter anderem eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Familie und Beruf. Wenn die Arbeit getan ist, so Meiers Empfehlung, sollte man sich voll und ganz auf die private Welt einlassen - ohne im Hinterkopf weiter an Berufsproblemen zu basteln. Denn sonst läuft man Gefahr, niemals abzuschalten und zur notwendigen Erholung zu finden.

Ansteckende Arbeitsfreude.


Fazit: Über den Umgang mit besonderen "Störfällen" hinaus vermittelt Rolf Meier wertvolles Wissen für die Arbeit mit den Menschen, die als Teilnehmer im Seminar sitzen. In seinem Buch spürt man nicht nur viel Trainingserfahrung, sondern vor allem auch viel Lebensfreude. Meier hat Spaß am Unterrichten und an der Arbeit mit den Seminarteilnehmern - diese Freude am Beruf strahlt aus seinem Buch heraus und überträgt sich auf den Leser.
Kurzum: Ein sehr empfehlenswertes und hilfreiches Buch für Trainer, die sich ihren Spaß an ihrem Beruf noch möglichst lange erhalten möchten.

Heike Rudloff, Dozentin und Journalistin, arbeitet als freie Mitarbeiterin für changeX.

Rolf Meier:
Das Einzige, was stört, sind die Teilnehmer.
Schwierige Seminarsituationen meistern,

GABAL Verlag, Offenbach 2007,
165 Seiten, mit CD-ROM, 29.90 Euro,
ISBN 978-3-89749-677-4
www.book-at-web.de

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: Das Einzige, was stört, sind die Teilnehmer. Schwierige Seminarsituationen meistern.. GABAL Verlag, Offenbach 1900, 165 Seiten, ISBN 978-3-89749-677-4

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