Ich war's
iWoz. Wie ich den Personal Computer erfand und Apple mitgründete - das neue Buch von Steve Wozniak.
Von Anja Dilk
Steve heißen sie beide, der eine aber stand immer im Schatten des anderen: Steve Jobs, der charismatische Chef von Apple und Steve Wozniak, sein Kompagnon aus den wilden Garagenzeiten. Zusammen haben sie Apple gegründet und gemeinsam die ersten Personal Computer entwickelt. Heißt es. Nun tritt Wozniak aus dem Schatten und sagt: "Ich habe sie allein gebaut." / 10.11.06
Steve Wozniaks Geschichte beginnt, wie viele Geschichten der digitalen Ära begonnen haben: in einer Garage. Irgendwo an der Westküste der USA saßen sie inmitten von Kabeln, Relais und Schraubwerkzeug in der Garage eines arbeitslosen Ingenieurs: eine schrullige Truppe junger Leute, die an die Vermehrung von Glück durch Technologie glaubten und gemeinsam darüber brüteten, was man mit Technik erreichen könnte. Nach seinem ersten Treffen im Homebrew Computer Club setzte sich Steve Wozniak an sein Projekt. Er bastelte ein Gerät, das eine Revolution in Gang setzen und das Leben der Menschen für immer verändern sollte: den Apple I, den ersten Personal Computer. Das war im März 1975.
Heute ist Wozniak 54 Jahre alt. Seit Jahren fließt ein breiter Strom von Geld auf sein Konto. Der Börse sei Dank. Doch das scheint ihn weniger zu interessieren, als man annehmen könnte. Heute wie damals ist es die Sache, dieses Konglomerat aus Nullen und Einsen, und dieses Gefühl, etwas bewirken, verändern, weiterbringen zu können, was ihn fasziniert. Mit Apple hat der Ingenieur längst nichts mehr zu tun. Oder besser: Er ist dort nichts Besonderes mehr, ein Angestellter von vielen, unterste Gehaltsstufe. Formal zumindest, denn tatsächlich ist er längst eigene Wege gegangen. Hat gekündigt in seinem eigenen Unternehmen, um ein neues Projekt aufzuziehen, eine Fernbedienung zu entwickeln, die als zentrale Fernsteuerung für die gesamte Unterhaltungselektronik eines Haushalts dienen sollte. Hat sich noch mal um 180 Grad gedreht, um Zeit für etwas zu haben, das lange nebenhergelaufen war: seine Kinder. Und hat sich entschieden, auch beruflich den Spieß umzudrehen: Er wurde Lehrer und gibt sein Wissen an Kinder weiter.

Was kannst du tun, um die Welt zu verändern?


Steve Wozniak ist keine Berühmtheit. Sicher, nach ihm wurde eine Straße benannt, er ist Stifter und Spender für Dutzende von Förderprojekten. Und wer sich mit der digitalen Welt auskennt, kennt seinen Namen. Aber wer weiß schon, dass dieser Mann den Apple-Computer erfunden hat? Ganz allein. Im Schatten seines allgegenwärtigen, charismatisch-cholerischen Kompagnons Steve Jobs blieb für Wozniak vor allem ein Haufen Gerüchte. Er habe das College abgebrochen. Sei von der University of Colorado geflogen. Habe mit Steve Jobs die Schulbank gedrückt und mit ihm die ersten Computer gebaut. Habe Apple verlassen, weil er verärgert gewesen sei. Nichts davon stimmt, sagt Wozniak. Und das macht ihn heute noch wütend. Deshalb hat er seine Memoiren geschrieben: "Heute ... ist es an der Zeit, einiges klarzustellen. Vieles, was über mich erzählt wird, ist falsch. Deshalb begann ich Bücher über Apple und über die Entwicklung des Unternehmens aus tiefstem Herzen zu hassen. Das, was mich unglaublich stört, ist die Tatsache, dass nicht einer den Verlauf der Ereignisse richtig darstellt ... Deshalb hoffe ich, dass dieses Buch endlich alle Missverständnisse aus dem Weg räumen wird." Vor allem jenes vom Erfinderduo, das gemeinsam die ersten Personal Computer konstruierte - "auch das stimmt nicht, ich habe sie allein gebaut", beharrt Wozniak.
Doch gibt es neben diesen Richtigstellungen eine zweite Triebfeder, die ihn motiviert hat, seine Lebensgeschichte zu Papier zu bringen: Er möchte, dass Kinder aus seinen Fehlern, aber auch von seinen Erfolgen lernen. Dass sie sich nicht von blöden Typen runterziehen lassen, die sagen: "Eure Idee passt nicht in unser Konzept." Wozniak möchte ermutigen. "Bei meinem Rat geht es darum, was du machen kannst, wenn du das Gefühl hast, dass du voller Ideen bist und den Wunsch hast, sie zu verwirklichen. Doch du bist jung. Du hast kein Geld. Alles was du hast, sind diese Vorstellungen in deinem Hirn. Und du hältst sie für ziemlich gut. ... Doch es ist ein großer Unterschied, sich bloß Gedanken über das Erfinden zu machen, oder es tatsächlich zu tun. Wie packst du es also an? Was kannst du tun, um die Welt zu verändern?"

Lieber lachen als die Dinge kontrollieren.


Wenn Steve Wozniak von seinen eigenen Erfahrungen auf diesem Weg erzählt, geht er überraschend tief ins Detail. Wie er den vier Jahre älteren Steve Jobs am College kennen lernte und ihm über die gemeinsame Leidenschaft für Bob Dylan näher kam. Wie er das Computerspiel Breakout erfand und sich nächtens mit einem Spiel namens Gran Trak 10 wach hielt, bis Jobs die Schaltkreise nach seinen Entwürfen zusammengebastelt hatte. Wie er am Sonntag, dem 29. Juni 1975 einen historischen Augenblick erlebt: Er ist der erste Mensch, der "ein Zeichen auf einer Tastatur getippt hatte und dann sah, wie es direkt vor ihm auf dem Bildschirm erschien". Manchmal schießt Wozniak übers Ziel hinaus, wenn er bis in die letzte Einzelheit seine Kindheit, sein Verhältnis zu seinem Vater, dem großen Vorbild, schildert oder von beinahe jeder Minute in seinen Erfindungsprozessen erzählt. Dann scheint durch die ehrlichen Zeilen des Buches die Unzufriedenheit eines bescheidenen Mannes in der zweiten Reihe zu schimmern. Eines Mannes, der zwar nie etwas anderes als die zweite Reihe gesucht hat, aber dennoch unter der mangelnden Anerkennung leidet. Ob bei Hewlett-Packard, wo er jahrelang arbeitete, oder später bei Apple, das alle Welt mit dem Namen Steve Jobs verbindet, der Wozniak immer mal wieder über den Tisch zog.
Noch heute ist sein Verhältnis zu seinem Ex-Kompagnon ambivalent: "Steve und ich waren für eine sehr, sehr lange Zeit die besten Freunde. Wir hatten eine Weile die gleichen Ziele, die wunderbar zusammenpassten, als wir Apple aufbauten. Aber wir waren immer unterschiedliche Persönlichkeiten, schon von Anfang an. Wissen Sie, ... als ich an dem Projekt arbeitete, das sich später zur Platine des Apple I entwickeln sollte, spukte in meinem Kopf eine Phantasie herum, von zwei Männern, die am gleichen Tag sterben. Einer ist wirklich erfolgreich und verbringt seine Zeit damit, Unternehmen zu leiten ... und darauf zu achten, dass sie profitabel sind ... Und der andere hängt einfach nur herum, hat kaum Geld, erzählt liebend gern Witze und kümmert sich um technische Spielereien ... und er verbringt sein Leben einfach mit Lachen. Meiner Meinung nach führt der Typ, der lieber lacht, anstatt die Dinge zu kontrollieren, das glücklichere Leben." Dieser Typ, sagt Wozniak, heißt Steve Wozniak.

Anja Dilk ist Redakteurin bei changeX.

Steve Wozniak:
iWoz.
Wie ich den Personal Computer erfand
und Apple mitgründete,

Carl Hanser Verlag, München / Wien 2006,
321 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-446-40406-6
www.hanser.de

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: iWoz. . Wie ich den Personal Computer erfand und Apple mitgründete. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 321 Seiten, ISBN 3-446-40406-6

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Anja Dilk
Dilk

Anja Dilk ist Berliner Korrespondentin, Autorin und Redakteurin bei changeX.

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