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Wie changeX-Leser leben und
arbeiten
Folge 1: Verena Laschinger
In den nächsten Monaten stellen wir
ausgewählte Abonnenten vor. Jeden Dienstag und Freitag. Spannende
Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer
Serie von journalistischen Kurzporträts aus aller Welt. Tipp: Wer
noch mitmachen will, kann sich jetzt melden!
Verena Laschinger ist 35 Jahre alt.
Beruf: Amerikanistin. Mit den Nebenfächern Kulturgeschichte und
Sozialpsychologie. Nach der Promotion an der Universität in München
geht sie sofort in die Wirtschaft. Der Grund: "Ich suche im Leben
nicht immer das Naheliegende, sondern die Herausforderung." So
landet sie zuerst in einer Bank, macht dort ein Trainee-Programm
und ist bald in der Kommunikationsabteilung.
"Nach einem Jahr war ich bereits Redakteurin in der Konzernzeitschrift und habe relativ schnell Zugang bis hinauf zum Vorstand bekommen." Sie lernt schnell, wie der Takt in einer Bankorganisation schlägt. Obwohl es nicht ihre Welt ist. "Ich habe mich in gewisser Weise immer als Beobachterin gefühlt." Im Rückblick gesteht sie, dass sie zunächst eine Menge Vorurteile hatte - die sich aber nicht bestätigten. Im Gegenteil: "Ich habe dort eine sehr große Offenheit erlebt und vor allen Dingen viele Querdenker an Stellen getroffen, an denen ich nicht damit gerechnet habe."
Das hat Konsequenzen. Sie beschließt, ein Buch über Querdenker zu schreiben. Dafür schraubt sie ihre Arbeitsstunden um die Hälfte herunter. Und verfasst zusammen mit einer Journalistin Quer denken und gewinnen. Neue Management-Perspektiven für Führungskräfte. Immer noch eine empfehlenswerte Lektüre. Zurück in der Bank reiht sie sich wieder in den Joballtag ein. Alles läuft planmäßig. In Mentoring-Programmen unterstützt sie Universitätsabsolventen beim Einstieg ins Berufsleben. Und bleibt Lehrbeauftragte in München. Sie hält regen Kontakt mit dem Wissenschaftsbetrieb und sagt rückblickend: "Die Wissenschaft war nie aus meinem Kopf."
Im Sommer 2005 fährt sie zu einem Studienfreund in die Türkei, der inzwischen Professor in Istanbul ist. Von ihm erfährt sie, dass an der Uni Stellen frei sind. Zurück in München schreibt sie in einer spontanen Nacht-und-Nebel-Aktion eine Bewerbung. Wenige Wochen später bekommt sie die Stelle: Als "Assistant Professor of American Literature and Culture" an der muslimischen Fatih-Universität in Istanbul. "Ohne ein Wort Türkisch" geht sie im September in die türkische Stadt am Bosporus. Ihr Hab und Gut lässt sie bei den Eltern in Deutschland zurück.
Der eigentliche Grund? "Mein Herz gehört der Literatur. Die Bank? Das wollte ich wissen, das war mehr eine Kopfentscheidung", sagt sie heute. Sie springt ins kalte Wasser. Ein bisschen bange ist ihr schon. Doch sie will sich durchbeißen. Nicht alles läuft nach Plan. "Das Leben als alleinstehende Frau in Istanbul ist echt heftig." Nach einiger Zeit reicht es ihr und sie zieht zu einem deutschen Dozentenkollegen. Eine deutsche WG in Istanbul.
Jeden Tag fährt Laschinger mit Kollegen und Studenten eine Stunde mit dem Bus zur Arbeit. Die Universität liegt außerhalb der Stadt. Abends um 17 Uhr geht es wieder zurück. "Als Frau, die amerikanische Literatur an einer muslimischen Uni lehrt, führt man ein interessantes Leben", lacht sie plötzlich. Doch auch in ihrem neuen Leben bestätigen sich die Vorurteile nicht. Laschinger schwärmt von der Freiheit und Toleranz im Hochschulbetrieb. Lernt mit der Zeit, mit weniger auszukommen. Sowohl im Job als auch im Alltag. "Meinen Lebensstandard habe ich deutlich zurückgefahren."
Was hat sie in Istanbul gefunden? "Die Sicherheit, mich auf mich verlassen zu können. Eigenständig zu leben. Erfolgreich in dem Beruf zu sein, den ich gelernt habe. Und vor allem Gelassenheit", antwortet sie postwendend.
Und changeX? "Jeden Freitag, wenn der Newsletter kommt, freue ich mich darauf. Darüber hinaus nutze ich das Archiv zu Forschungszwecken. Denn ich beschäftige mich mit Literatur der Arbeit." Zudem hält Laschinger noch immer Vorträge in Deutschland und fühlt sich durch changeX bestens auf dem Laufenden gehalten - "über alles, was angesagt ist".
Verena Laschinger: Eine Frau, die ihrer Berufung treu und in einer ungewöhnlichen Arbeitswelt gelandet ist - als Europäerin an einer islamischen Universität amerikanische Literatur lehrend.
"Nach einem Jahr war ich bereits Redakteurin in der Konzernzeitschrift und habe relativ schnell Zugang bis hinauf zum Vorstand bekommen." Sie lernt schnell, wie der Takt in einer Bankorganisation schlägt. Obwohl es nicht ihre Welt ist. "Ich habe mich in gewisser Weise immer als Beobachterin gefühlt." Im Rückblick gesteht sie, dass sie zunächst eine Menge Vorurteile hatte - die sich aber nicht bestätigten. Im Gegenteil: "Ich habe dort eine sehr große Offenheit erlebt und vor allen Dingen viele Querdenker an Stellen getroffen, an denen ich nicht damit gerechnet habe."
Das hat Konsequenzen. Sie beschließt, ein Buch über Querdenker zu schreiben. Dafür schraubt sie ihre Arbeitsstunden um die Hälfte herunter. Und verfasst zusammen mit einer Journalistin Quer denken und gewinnen. Neue Management-Perspektiven für Führungskräfte. Immer noch eine empfehlenswerte Lektüre. Zurück in der Bank reiht sie sich wieder in den Joballtag ein. Alles läuft planmäßig. In Mentoring-Programmen unterstützt sie Universitätsabsolventen beim Einstieg ins Berufsleben. Und bleibt Lehrbeauftragte in München. Sie hält regen Kontakt mit dem Wissenschaftsbetrieb und sagt rückblickend: "Die Wissenschaft war nie aus meinem Kopf."
Im Sommer 2005 fährt sie zu einem Studienfreund in die Türkei, der inzwischen Professor in Istanbul ist. Von ihm erfährt sie, dass an der Uni Stellen frei sind. Zurück in München schreibt sie in einer spontanen Nacht-und-Nebel-Aktion eine Bewerbung. Wenige Wochen später bekommt sie die Stelle: Als "Assistant Professor of American Literature and Culture" an der muslimischen Fatih-Universität in Istanbul. "Ohne ein Wort Türkisch" geht sie im September in die türkische Stadt am Bosporus. Ihr Hab und Gut lässt sie bei den Eltern in Deutschland zurück.
Der eigentliche Grund? "Mein Herz gehört der Literatur. Die Bank? Das wollte ich wissen, das war mehr eine Kopfentscheidung", sagt sie heute. Sie springt ins kalte Wasser. Ein bisschen bange ist ihr schon. Doch sie will sich durchbeißen. Nicht alles läuft nach Plan. "Das Leben als alleinstehende Frau in Istanbul ist echt heftig." Nach einiger Zeit reicht es ihr und sie zieht zu einem deutschen Dozentenkollegen. Eine deutsche WG in Istanbul.
Jeden Tag fährt Laschinger mit Kollegen und Studenten eine Stunde mit dem Bus zur Arbeit. Die Universität liegt außerhalb der Stadt. Abends um 17 Uhr geht es wieder zurück. "Als Frau, die amerikanische Literatur an einer muslimischen Uni lehrt, führt man ein interessantes Leben", lacht sie plötzlich. Doch auch in ihrem neuen Leben bestätigen sich die Vorurteile nicht. Laschinger schwärmt von der Freiheit und Toleranz im Hochschulbetrieb. Lernt mit der Zeit, mit weniger auszukommen. Sowohl im Job als auch im Alltag. "Meinen Lebensstandard habe ich deutlich zurückgefahren."
Was hat sie in Istanbul gefunden? "Die Sicherheit, mich auf mich verlassen zu können. Eigenständig zu leben. Erfolgreich in dem Beruf zu sein, den ich gelernt habe. Und vor allem Gelassenheit", antwortet sie postwendend.
Und changeX? "Jeden Freitag, wenn der Newsletter kommt, freue ich mich darauf. Darüber hinaus nutze ich das Archiv zu Forschungszwecken. Denn ich beschäftige mich mit Literatur der Arbeit." Zudem hält Laschinger noch immer Vorträge in Deutschland und fühlt sich durch changeX bestens auf dem Laufenden gehalten - "über alles, was angesagt ist".
Verena Laschinger: Eine Frau, die ihrer Berufung treu und in einer ungewöhnlichen Arbeitswelt gelandet ist - als Europäerin an einer islamischen Universität amerikanische Literatur lehrend.
Kontakt:
v.laschinger@web.de
oder vlaschinger@fatih.edu.tr
Hinweis in eigener Sache:
Wer Interesse hat, auch in dieser Serie zu erscheinen, nimmt
bitte Kontakt per E-Mail mit redaktion@changeX.de auf.
© changeX [06.06.2006] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 13.06.2006. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Autor
Peter FelixbergerPeter Felixberger ist Publizist, Buchautor und Medienentwickler.