"Intelligence" als Ziel.
Kein Wunder, dass Information
zunehmend auch als Faktor strategischer Differenzierung vom
Mitbewerber erkannt wird. Das ist im Grundsatz nichts Neues,
sonst würden nicht - jenseits der Legalitätsschwelle - für
entscheidende Informationen Millionensummen bezahlt. Neu ist
indessen, dass die systematische Sammlung und Analyse von Daten
unterschiedlichster Art zunehmend als Managementaufgabe erkannt
wird, und das (wie so oft) jenseits des Atlantiks ein Stück weit
früher als im Alten Europa. Neu ist auch, dass diese Form der
Datensammlung sich nicht mehr der Sprache des Wissensmanagements
bedient, sondern einer Terminologie, die aus der Welt der
Geheimdienste, des Militärs und der Polizei stammt. Schon die
Bezeichnung dieser neuen Managementdisziplin erinnert eher an den
CIA als an den CIO, der in Unternehmen üblicherweise für die
Information zuständig ist:
Competitive Intelligence ist der "systematische und
kontinuierliche Prozess der Informationserhebung, -analyse und
-bewertung", definiert der Medienwirtschaftler Dietmar Pfaff, der
diese Disziplin zu seinem Forschungsschwerpunkt gemacht und
soeben das erste deutschsprachige Werk zum Thema vorgelegt hat.
Für den Autor zielt der Begriffsbestandteil "Intelligence"
denn auch weniger auf den Weg als auf das Ziel: Nicht um die
Einführung geheimdienstlicher Methoden in das Wirtschaftsleben
geht es, sondern um das Ergebnis: Informationen systematisch und
zielgerichtet als Ressource für das Unternehmen nutzbar zu
machen. "Fast alle der benötigten Daten können auf legalem Wege
beschafft werden", betont Pfaff. Denn mit jedem öffentlichen
Auftreten offenbart ein Unternehmen Informationen über sich: "Wie
es sich positioniert, welche Produkte es anbietet, wer es wie
leitet, welche Innovationen es plant und so weiter. Diese
Vielzahl an Informationen muss gesammelt, komprimiert, analysiert
und den richtigen Leuten zum richtigen Zeitpunkt präsentiert
werden." Das soll der Competitive-Intelligence-Prozess leisten,
so der Autor, "und dies alles in Fair Play".
Fließende Grenzen.
Das freilich ist die Crux. Deutlich wird das nicht zuletzt auch daran, wie häufig sich der Autor gegenüber illegalen Praktiken der Informationsbeschaffung abgrenzen muss. Die Welt der Wirtschaftsspionage ist das Schattenreich jenseits der legalen Informationsbeschaffung, und von hier nach da ist es nur ein kleiner Schritt - "die Grenzen zwischen legalem und illegalem Handeln sind ... oftmals fließend", gibt Pfaff zu bedenken. Letztlich liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen Unternehmens, diesseits der Legalitätsschwelle zu bleiben - ja, selbst die Finger von Grauzonen zu lassen. Das indes dürfte umso schwerer fallen, je mehr Informationen ihren Wert als strategische Ressource des Unternehmens unter Beweis stellen. Eine Selbstverpflichtung auf saubere Verhaltensweisen, wie sie sich die Society of Competitive Intelligence Professionals verordnet hat, ist nur ein erster Schritt.
Dietmar Pfaff:
Competitive Intelligence in der Praxis.
Mit Informationen über Ihre Wettbewerber auf der
Überholspur,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
216 Seiten, 39.90 Euro,
ISBN 3-593-37802-7
www.campus.de
Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.
© changeX [13.03.2006] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Dietmar Pfaff: Competitive Intelligence in der Praxis. . Mit Informationen über Ihre Wettbewerber auf der Überholspur. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 216 Seiten, ISBN 3-593-37802-7
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Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.