Die wichtigste Hürde ist, dass man herausfindet, was man eigentlich machen möchte. Dass die staatlichen Förderungen erst einsetzen, wenn man die Idee schon hat, ist eher problematisch. Man wird von den zuständigen Stellen vorher alleine gelassen, denn wo bekommt man eine gute Idee her?
Sie haben meistens schon irgendeine Idee, aber ob die auch etwas taugt, ist die andere Frage. Vor allem, ob sie Spaß macht, zu den eigenen Vorkenntnissen passt und auch zu realisieren ist.
Das Problem ist, dass einem meistens keiner dabei hilft. Es ist deshalb ein erster, guter Anhaltspunkt, sich zu fragen: Was mache ich gerne? Was macht mir wenig Mühe? Wo war ich in der Vergangenheit erfolgreich? Man kann dann noch Freunde und Bekannte zu Rate ziehen und sie bitten, bei der Beantwortung zentraler Fragen zu helfen.
Die beste Möglichkeit ist, sich erst zu überlegen, was man machen möchte, und dann fünf Möglichkeiten, wie man damit Geld verdienen könnte. Viele denken, sie könnten mit ihrem Traum kein Geld verdienen. Falsch, wenn man ein bisschen über den Tellerrand blickt - oder in dem Fall über die eigene Branche - und recherchiert, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.
An der vollkommenen Überbürokratisierung in unserem Land. Ein Unternehmen zu gründen ist fast ein Albtraum! Man hat zu viele Termine bei Behörden und ist, je nach Rechtsform, ein paar Monate beschäftigt - in anderen Ländern geht das binnen zwei Tagen. Dadurch sind die Kosten auch viel geringer. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der eigene soziale Stellenwert. Während man bei uns schnell als Versager gilt, ist es zum Beispiel in den USA keine Ausnahme, des Öfteren mit der Selbstständigkeit zu scheitern und dann auch wieder mit etwas Neuem weiterzumachen.
Ich selbst musste mich auch nach meiner ersten Stelle davon befreien. Nach einer Weile legt man dann den mitgebrachten Sicherheitswunsch ab und lernt innerhalb von wenigen Monaten, viel kundenorientierter zu arbeiten. Plötzlich ist man für alles selbst verantwortlich und kann die Schuld auf niemand anderen als auf sich selbst schieben. Das ist durchaus eine sehr positive Erfahrung. Wer ernsthaft selbstständig ist, kapiert das Wesentliche sehr schnell.
Sehr unterschiedlich. Ich kenne einige, für die Selbstständigkeit nicht in Frage kommt, obwohl sie es mit Sicherheit gut meistern würden. Sie hoffen und warten lieber auf eine Neuanstellung - meistens über Jahre vergebens. Ein positives Beispiel hingegen ist ein Bekannter, der mit über 50 neu angefangen und sich im Bekanntenkreis schlau gemacht hat, was zu ihm passen könnte. Heute ist er ein erfolgreicher Literatur-Agent.
Im Gespräch mit Menschen. Das war sehr ausschlaggebend. Er selbst kommt aus der Buchbranche, hatte bereits viele Kontakte und ist zudem ein wunderbarer Netzwerker. Mittlerweile macht er ganze Buchkonzeptionen für Verlage und ist da schnell hineingerutscht.
Eigentlich nicht viel. Denn der Betrag, den man da bekommt, reicht gerade für die Versicherungskosten. Ich empfehle stattdessen, das Überbrückungsgeld zu nehmen. Man bekommt es ein halbes Jahr lang von der Bundesagentur für Arbeit, etwa in der Höhe seines letzten Gehalts. Deshalb sollte man nicht vorher auf Teilzeit umstellen, sonst lässt man sich einiges an finanzieller Hilfe entgehen. Es ist eine Förderung, die nicht zurückgezahlt werden muss und ist auf alle Fälle eine tolle Starthilfe.
Einerseits die große Schwierigkeit, dass man seine Finanzierung sichern muss. Meine These jedoch ist, wenn man eine richtig gute Idee hat und Tat- und Überzeugungskraft mitbringt, dann kommt auch irgendwie das Geld dazu. Eventuell ein Darlehen aus dem eigenen Familienkreis, weil man die überzeugt hat. Zum anderen muss man sich unbedingt viel kaufmännische, fachspezifische und soziale Kompetenzen aneignen.
Meine Kernkompetenz ist der Umgang mit Texten, also schreiben, lesen, redigieren und dann auch recherchieren. Mit diesem Wissen würden mir spontan mindestens 20 Tätigkeiten einfallen, die ich damit ausüben könnte. Zum Beispiel: Lektor, Werbetexter, Redakteur bei Funk und Fernsehen, Buchautor und viele andere.
Noch nicht. Die Zahl der Existenzgründungen steigt zwar, aber bei den meisten eher unfreiwillig, eben durch vorausgegangene Erwerbslosigkeit. Zum Glück ist die Quote derer, die scheitern, verhältnismäßig gering. Viele Ich-AGs haben überlebt. Vielleicht sehen wir Auswirkungen in der nächsten Generation, bei den Kindern der Existenzgründer, die damit aufgewachsen sind. Wir sollten unsere Kinder deshalb ermutigen und zur Eigeninitiative erziehen. Nur bei einer kritischen Masse, wie etwa in der New Economy, erzielen wir im Land eine kollektive Aufbruchsstimmung. Wäre schön, wenn sich so etwas wiederholen könnte.
Welche Selbstständigkeit passt zu mir?
Existenzgründung maßgeschneidert,
Carl Hanser Verlag, München/Wien 2005,
200 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-446-40021-4
www.hanser.de
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Zum Buch
Sylvia Englert: Welche Selbstständigkeit passt zu mir? . Existenzgründung maßgeschneidert. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 200 Seiten, ISBN 3-446-40021-4
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