"Bei Frauen ist das Selbstvertrauen oft mit dem Grad der Beliebtheit verknüpft", erklärt sich Irene Becker, warum so viele Frauen Auseinandersetzungen scheuen. Vielleicht, so vermutet sie, ist es auch die Angst davor, "Zicke" genannt zu werden. Doch keine Sorge: Es gibt Wege aus der Harmoniefalle, dazu sind Ratgeber schließlich da. Bei den meisten Frauen liegen die Wurzeln in der Erziehung, die Skrupel stammen aus der Kindheit. Und was man einmal gelernt hat, kann auch wieder ent-lernen. Anschaulich und gut lesbar erklärt Irene Becker, wie man mit etwas Praxis zu einer goldenen Mitte findet zwischen dem Friede-Freude-Eierkuchen und Bloß-nichts-gefallen-Lassen. In einem fiktiven Fallbeispiel mit der allzu netten Monika und der tafferen Maja, das im Buch immer wieder aufgegriffen wird, demonstriert Becker, wozu allzu viel Harmonie führt und wo man ansetzen kann, um die Situation zu ändern. Aber auch gute Beispiele zeigt sie - der Mensch lernt schließlich an Vorbildern.
Verhaltensmuster erkennen.
Kern ihres Programms ist: Erstens
wissen, was man will (also eine Vision entwickeln), zweitens
wissen, was man fühlt, drittens wissen, was man kann, viertens
wissen, wie es geht. Viel schreibt Becker über Gefühle - was sind
die Ursachen und Funktionen von negativen Gefühlen, sind wir
ihnen hilflos ausgeliefert? Durch ein "Glückstagebuch" lernt man,
seine Reaktionen auf bestimmte Situationen zu beobachten und zu
analysieren. So hat man die Chance, Verhaltensmuster zu "knacken"
und das Gefühlskarussell zu stoppen. Beckers Übungen, wie man
einen neuen Film in seinem Kopf ablaufen lässt, sind ganz klar
von NLP beeinflusst - und sie dürften so wie gewünscht
funktionieren.
Anschließend trainiert Becker ihre Leserinnen, wie sie
selbstbewusster rüberkommen: Dazu gehört eine andere
Körpersprache, sogar Sprechübungen, um selbstbewusster zu klingen
und das Neinsagen zu lernen. Bloß nicht zu viele "Weichmacher"
und Höflichkeitsfloskeln im Gespräch benutzen! "Gerade bei
unwirschen Menschen ist es notwendig, von Anfang an deutlich zu
sagen, was man will." Dann kommen die ersten richtigen Übungen,
die Anwendungen des Gelernten im Ernstfall. Im Restaurant
reklamieren, etwas Ungewöhnliches tun oder sich begriffsstutzig
stellen, all das dient zum Abhärten.
Gegen Manipulation wappnen.
Da bei allzu sanften und netten
Menschen immer die Gefahr besteht, dass sie ausgenutzt werden,
ist ein wichtiger Teil des Buches, Ansprüche und Erwartungen, die
an einen gestellt werden, kritisch unter die Lupe zu nehmen und
gegebenenfalls zurückzuweisen. Becker gibt Tipps, wie man
emotionale Erpressung und Manipulationsversuche abwehrt. "Leider
gibt es viele Menschen, die versuchen, ihre Ziele durch
Manipulation zu erreichen. Und etliche von ihnen sind echte
Virtuosen, die einen mit rhetorischem und psychologischem
Feuerwerk blenden - und schneller über den Tisch ziehen, als man
Nein sagen kann." Wichtig ist dabei, den Auslöser herauszufinden,
der einen regelmäßig umkippen lässt, und sich einen Gegenzauber
dazu auszudenken. "Schützen Sie sich vor einem spontanen Ja durch
Bedenkzeit", empfiehlt die Autorin. Das Gute ist - je öfter man
sich traut, Nein zu unverschämten Forderungen zu sagen und sich
stark zu zeigen, desto leichter fällt es. Denn man stellt fest,
dass es gar nicht so schlimme Folgen hat, wie man es sich
vielleicht unterbewusst vorgestellt hat.
Sehr nützlich sind auch die Tipps, wie man mit
verschiedenen Typen von Gegenspielern klarkommt - mit Menschen,
die auf verbale Einschüchterung setzen, mit der Mitleidsmasche
kommen oder einen durch ihre arrogante Art unterbuttern wollen.
"Todsünde: nachgeben", warnt Becker. "So konditionieren Sie Ihr
Gegenüber nur darauf, die Strategie bei Ihnen wieder
auszuprobieren, da sie so einfach und erfolgreich war. Das
Einzige, was hilft, ist, Ihre eigene Stärke zu zeigen, um ihm
Respekt abzunötigen."
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Irene Becker:
Everybody's Darling, everybody's Depp.
Tappen Sie nicht in die Harmoniefalle,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
216 Seiten, 14.90 Euro,
ISBN 3-593-37772-1
www.campus.de
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Irene Becker: Everybody's Darling, everybody's Depp. Tappen Sie nicht in die Harmoniefalle. Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 2005, 216 Seiten, ISBN 3-593-37772-1
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