Über den Umgang mit Menschen.
Philo, der nicht allzu
unappetitliche Alien, hat sein gesamtes Wissen über die Menschen
aus dem alten
Knigge und quatscht immer mal wieder altmodisches Zeug
daher (im Text in altdeutscher Schriftart dargestellt, was lustig
aussieht). Seine Kommentare stellen sich als manchmal gar nicht
so dumm heraus. Denn - wie man erstaunt erfährt - ursprünglich
war der berühmte
Knigge ein Buch über den richtigen, nämlich respektvollen
Umgang mit Menschen. Schnöde Tipps, wie man die Serviette richtig
faltet, wer wem die Tür aufhält oder das Du anbieten darf, kamen
erst später hinzu, als das ursprüngliche Werk im Laufe der
Jahrhunderte wieder und wieder überarbeitet und aktualisiert
wurde.
Die evangelische Landesschule, in der die Handlung spielt,
ist der passende Rahmen für eine Geschichte rund um den
Knigge - es ist eine Welt zwischen Tradition und Moderne.
Man ist erst einmal überrascht darüber, wie eigenartig altmodisch
es hier im Internat zugeht. Schüler der neunten Klasse heißen
noch Untertertianer, es gibt Präfekten, die für Ordnung sorgen,
und nachmittags macht man während des "Silentiums" seine
Hausaufgaben. Glücklicherweise haben die Autoren ein Händchen für
moderne Sprache, so dass die Story selbst sich keineswegs steif
oder angestaubt liest. Die Jugendlichen sind Kids von heute und
reden genauso frech und drastisch miteinander, wie man das auf
einem beliebigen deutschen Schulhof live belauschen kann.
Gut versteckter Lerneffekt.
Die Geschichte rund um Philo bietet viele Gelegenheiten zu lustigen oder spannenden Verwicklungen, überraschenden Wendungen und kleinen Katastrophen - denn natürlich gehen die meisten Pläne von Lucy, Miller und Co. erst einmal schief. Expedition Knigge liest sich die meiste Zeit über wie ein normales Jugendbuch. Das ist eine Stärke des Buches, aber gleichzeitig seine Schwäche. Zwar streut Philo immer wieder seine altmodischen Sprüche ein, aber die werden von den anderen Jugendlichen meistens schnell als durchgeknallt abgetan ("Hör doch bloß einmal mit diesem blöden Erdkundebuch auf! Das hat uns noch nicht ein Mal geholfen!") oder ignoriert, nur hin und wieder wird darüber diskutiert (zum Beispiel, wann es gerechtfertigt sein könnte, zu lügen, oder welche Normen und Werte in Gruppen gelten). Aber um solche Fragen geht es auch in "normalen" Jugendbüchern - dort leben die Hauptfiguren zum Beispiel vor, dass man zu seinen Freunden steht, oder sie erfahren am eigenen Leib, wie es ist, wenn andere sich über einen lustig machen, weil man anders ist als die anderen. Nach dem durchaus spannenden Finale fragt man sich daher, ob es nicht besser gewesen wäre, den Sachbuchanteil etwas deutlicher herauszuarbeiten. Trotzdem ein nettes Buch, das Leseratten sicher verschlingen werden.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Alexander Freiherr Knigge / Claudia Cornelsen:
Expedition Knigge oder Das Geheimnis eines alten Buches,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
205 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-593-37648-2
www.campus.de
© changeX Partnerforum [29.06.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Alexander Freiherr Knigge / Claudia Cornelsen: Expedition Knigge oder Das Geheimnis eines alten Buches. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 205 Seiten, ISBN 3-593-37648-2
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