Bei manchen Büchern merkt man, dass sie aus der Praxis kommen. Bei Henry Walter gibt es keine psychologischen Theorien, sondern ganz konkrete Hilfestellung bei Problemen im Team. Der erste Teil seines Werkes widmet sich in Tabellenform Situationen und Symptomen, listet mögliche Gründe für das Verhalten des Mitarbeiters auf und zeigt Möglichkeiten auf, wie der Vorgesetzte angemessen reagieren könnte. Eine praktische Hilfe nicht nur für frischgebackene Führungskräfte, denn nicht immer ist leicht zu erkennen, was zum Beispiel dahintersteckt, wenn ein Mitarbeiter sich über Kollegen beschwert, in seiner Leistung nachlässt oder häufiger Arbeitsmittel zu Bruch gehen lässt. Walter liefert zu jedem Symptom reichlich Denkanstöße und Ansatzpunkte. Will jemand beispielsweise in den Vorruhestand geben, kann das an fehlender Motivation, aber auch an fehlenden Zielvorgaben oder Mobbing liegen. Und was kann man unternehmen, wenn der Mitarbeiter plötzlich durch Verschlossenheit auffällt, keine Kritik mehr annimmt oder Dienst nach Vorschrift macht? Selbst das Symptom "Der Mitarbeiter erfüllt alle gestellten Aufgaben zu 100 Prozent" listet Walter auf - entweder es handelt sich um einen perfekten Mitarbeiter, aber es ist auch möglich, dass derjenige nur noch Routineaufgaben übernimmt, unterfordert ist oder seine Fehler vertuscht.

Nutzwertige Tipps aus der Praxis.

Im zweiten Teil des Buches geht es um die Konzepte und Methoden, die man braucht, um den täglichen Führungsalltag zu bewältigen. 140 Stichworte behandelt Walter, die Palette der Themen ist breit: von "Abmahnung" über "Brainstorming", "Empowerment" und "Fragetechnik" bis hin zu "Gruppenarbeit", "Interne Kundenorientierung", "Persönlichkeit", "Stellenbeschreibung", "Versetzung" und "Zielvereinbarung". Jeder Stichpunkt wird systematisch abgehandelt - nach dem Muster "Was ist es?", "Wie geht es?" und "Welche Risiken hat die Methode?" Zum Abschluss jedes Eintrags gibt's weiterführende Buchtipps. Es ist erstaunlich lohnend, selbst in scheinbar altbekannte Themen hineinzublättern. Ein Übermaß an Theorie hat Walter seinen Lesern erspart, alle Erklärungen haben einen hohen praktischen Nutzwert. Wer sich zum Beispiel über "Besprechungen" informiert, erfährt, was die Unterschiede zu einem Workshop sind, dass möglichst nicht mehr als zwölf Personen teilnehmen sollten, wie nützlich "Stehungen" sein können, dass die Konzentration nach einer Dreiviertelstunde rapide abnimmt und man nur in Notfällen Besprechungen am frühen Nachmittag oder nach 16 Uhr ansetzen sollte. Setzt man einen Moderator sowie einen "Time Manager" ein und lädt man sich routinemäßig einen "Advocatus Diaboli" dazu, dann laufen die Besprechungen sowohl diszipliniert als auch spritzig ab.

Praktisches Nachschlagewerk.

Im dritten Teil des Buches gibt es weitere konkrete Hilfe im Alltag - ausführliche Checklisten zu Themen wie "Feedbackgespräch", "Kündigung", "Lebensplanung" und "Teamentwicklung"
Insgesamt ein Buch, das als Nachschlagewerk im Regal keiner Führungskraft fehlen sollte. Denn Management bedeutet vor allem Personalführung, und das ist ein Thema, bei dem es eine Vielzahl von arbeitsrechtlichen Regelungen und Vorgehensweisen zu beachten gibt. In Walters Handbuch lässt sich alles nachlesen, was im Führungsalltag praktisch und formell wichtig ist.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Henry Walter:
Handbuch Führung.
Der Werkzeugkasten für Vorgesetzte,
3. Auflage, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
614 Seiten, 79 Euro
ISBN 3-593-37760-8
www.campus.de

© changeX Partnerforum [14.06.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.