Gefühle sind am Arbeitsplatz höchst suspekt. Durch sie, so der unausgesprochene Vorwurf, lassen wir uns zu Fehlern hinreißen. Sie sind schwer zu kontrollieren und irrational. Auch im BWL-Studium geht es um Wissen, um Fakten. Seelisches bleibt außen vor. Wenige Absolventen sind darauf vorbereitet, wie wichtig Emotionen im Berufsalltag auf einmal werden. Sie spielen eine Rolle beim Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen, Kunden. Speziell wer Führungsverantwortung übernehmen will, sollte etwas von dem verstehen, was in Menschen vorgeht, sonst wird er zu einem Technokraten, der sich nicht in seine Mitarbeiter hineinversetzen kann und spätestens bei Themen wie Teamgeist oder Motivation kalt aufläuft. Und wer Intuition für esoterischen Schnickschnack hält, der verzichtet darauf, das eigene Gespür als wichtige Informationsquelle zu nutzen.
Gefühle richtig interpretieren.
David R. Caruso und Peter Salovey
steuern dagegen und helfen Lesern, ihre emotionale Kompetenz zu
steigern. Genauer gesagt, ihre eigenen Emotionen und die von
anderen zu identifizieren, zu nutzen und zu managen. Ihr Buch
beruht auf der These, "dass Emotionen nicht nur wichtig, sondern
sogar absolut notwendig sind, wenn wir gute Entscheidungen
treffen, optimale Wege zur Problemlösung finden, mit
Veränderungen umgehen und Erfolg haben wollen". Wer jemals erlebt
hat, wie die Stimmung in einem Team über seine Leistung
entscheidet, der weiß genau, was gemeint ist. Mitarbeiter sind
eben keine Maschinen, sondern Menschen - und Gefühle beeinflussen
ihr Verhalten sehr stark. Besser also, man akzeptiert gleich,
dass Emotionen Informationen sind, dass sie ein wichtiges
Signalsystem darstellen. Nicht nur das: Laut Caruso und Salovey
sind nur Entscheidungen, die Emotionen berücksichtigen, effektiv.
"Die Integration von rationalem und emotionalem Stil ist der
Schlüssel zu erfolgreicher Führung", raten die Psychologen.
Um den Business-Lesern das leicht verdächtige Thema nahe zu
bringen, verwenden die beiden Autoren eine betont
nüchtern-sachliche Sprache, sie plädieren für Emotionen, indem
sie den Verstand ansprechen. Das hinterlässt manchmal einen
unguten Nachgeschmack. Von "Gefühlen" ist nicht die Rede, nur von
"Emotionen" - einem Stoff, der sich gezielt einsetzen lässt.
Schließlich hat man es mit Human Resources, mit Humankapital zu
tun. Zuweilen hat man das Gefühl, dass das Buch sich an
Gefühlskrüppel richtet. Für sie sind die Illustrationen eines
Gesichtes in unterschiedlichen Gefühlszuständen sicher nützlich:
Wie sieht die Mimik aus, wenn jemand glücklich, traurig oder
wütend ist? Die gängigen Smileys lassen grüßen.
Doch die meisten Tipps und Erklärungen der beiden
Psychologen sind auch für Otto Normalmanager geeignet. So bekommt
man Raster und Analysemethoden an die Hand, um emotionale
Situationen und Probleme zu analysieren. Oft sind die eigenen
Gefühle vage, schwer auf den Punkt zu bringen. Man ist verstimmt
oder fühlt sich unwohl, weiß aber nicht, wieso. Sich bei dieser
Diagnose helfen zu lassen ist nützlich. Natürlich gibt es auch
ausführliche Selbsttests, in denen man feststellen kann, ob man
Gefühle richtig interpretieren kann und ob man schon emotional
intelligent ist. Hier sind die Autoren auf vertrautem Terrain,
schließlich haben sie den "Mayer-Salovey-Caruso Emotional
Intelligence Test" aus der Taufe gehoben.
Gefühle geschickt steuern.
Doch sie erklären nicht nur, wie
man Emotionen richtig bei anderen und sich selbst erkennt,
sondern auch, wie man sie strategisch und geschickt nutzt. Sie
also ganz gezielt managt und in die richtigen, nämlich
konstruktiven Bahnen lenkt. Das fängt bei einem selbst an.
"Emotionen zu blockieren kann zu einer gefährlichen Gewohnheit
werden und verbraucht viel Energie", warnen die Autoren und
empfehlen, Emotionen zuzulassen.
Übungen für Fortgeschrittene sind, die Emotionen ganzer
Teams zu beeinflussen. Zum Beispiel durch das Phänomen
"emotionale Ansteckung" oder indem man die richtige Stimmung
schafft. Manchen Führungskräften, die im Umgang mit Menschen
erfahren sind, gelingt so etwas mit Leichtigkeit, sie brauchen
kaum darüber nachzudenken. Wem es schwerer fällt, sollte sich
nicht ohne Hilfestellung von Caruso und Salovey ins Management
wagen. Als Lohn winken effektive zwischenmenschliche Beziehungen
und Erfolg bei der Mitarbeitermotivation.
Kleiner Trost für alle, denen der Zugang zu ihren Emotionen
und denen ihrer Mitarbeiter schwer fällt: der EQ ist, so die
Autoren, nicht ausschließlich angeboren, sondern ausbaufähig. Man
kann sich emotionale Kompetenz wirklich erarbeiten. Wer dieses
Projekt anpacken will, der ist mit diesem Buch gut
bedient.
David R. Caruso / Peter Salovey:
i>Managen mit emotionaler Kompetenz,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
256 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 3-593-37569-9
www.campus.de
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
© changeX Partnerforum [23.05.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
David R. Caruso / Peter Salovey: Managen mit emotionaler Kompetenz. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 256 Seiten, ISBN 3-593-37569-9
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