Das Bauchgefühl lässt grüßen
Managen mit emotionaler Kompetenz - das neue Buch von David R. Caruso und Peter Salovey.
Von Nina Hesse
Im Firmenalltag geht es meist um Zahlen und Daten, um Forecasts, Umsätze und Kosten. Dabei sind viele wichtige Dinge, die das Ergebnis einer Firma beeinflussen, schwer messbar. Gefühle zum Beispiel. Schlechte Stimmung in einem Unternehmen oder einem Team kann die Leistung drastisch absinken lassen. Wer führen will, sollte lernen, mit seinen Emotionen und denen anderer gezielt umzugehen!
Frauen, die in die Topebenen des Managements aufsteigen, lernen als Allererstes: Bloß nicht weinen! Und auf gar keinen Fall mit Emotionen oder dem eigenen "Bauchgefühl" argumentieren! Stattdessen in jeder Situation nüchtern, kühl und professionell wirken. Zahlen und Fakten auf den Tisch knallen und sie schlüssig begründen. Das ist die Sprache, die Vorgesetzte verstehen …
Gefühle sind am Arbeitsplatz höchst suspekt. Durch sie, so der unausgesprochene Vorwurf, lassen wir uns zu Fehlern hinreißen. Sie sind schwer zu kontrollieren und irrational. Auch im BWL-Studium geht es um Wissen, um Fakten. Seelisches bleibt außen vor. Wenige Absolventen sind darauf vorbereitet, wie wichtig Emotionen im Berufsalltag auf einmal werden. Sie spielen eine Rolle beim Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen, Kunden. Speziell wer Führungsverantwortung übernehmen will, sollte etwas von dem verstehen, was in Menschen vorgeht, sonst wird er zu einem Technokraten, der sich nicht in seine Mitarbeiter hineinversetzen kann und spätestens bei Themen wie Teamgeist oder Motivation kalt aufläuft. Und wer Intuition für esoterischen Schnickschnack hält, der verzichtet darauf, das eigene Gespür als wichtige Informationsquelle zu nutzen.

Gefühle richtig interpretieren.


David R. Caruso und Peter Salovey steuern dagegen und helfen Lesern, ihre emotionale Kompetenz zu steigern. Genauer gesagt, ihre eigenen Emotionen und die von anderen zu identifizieren, zu nutzen und zu managen. Ihr Buch beruht auf der These, "dass Emotionen nicht nur wichtig, sondern sogar absolut notwendig sind, wenn wir gute Entscheidungen treffen, optimale Wege zur Problemlösung finden, mit Veränderungen umgehen und Erfolg haben wollen". Wer jemals erlebt hat, wie die Stimmung in einem Team über seine Leistung entscheidet, der weiß genau, was gemeint ist. Mitarbeiter sind eben keine Maschinen, sondern Menschen - und Gefühle beeinflussen ihr Verhalten sehr stark. Besser also, man akzeptiert gleich, dass Emotionen Informationen sind, dass sie ein wichtiges Signalsystem darstellen. Nicht nur das: Laut Caruso und Salovey sind nur Entscheidungen, die Emotionen berücksichtigen, effektiv. "Die Integration von rationalem und emotionalem Stil ist der Schlüssel zu erfolgreicher Führung", raten die Psychologen.
Um den Business-Lesern das leicht verdächtige Thema nahe zu bringen, verwenden die beiden Autoren eine betont nüchtern-sachliche Sprache, sie plädieren für Emotionen, indem sie den Verstand ansprechen. Das hinterlässt manchmal einen unguten Nachgeschmack. Von "Gefühlen" ist nicht die Rede, nur von "Emotionen" - einem Stoff, der sich gezielt einsetzen lässt. Schließlich hat man es mit Human Resources, mit Humankapital zu tun. Zuweilen hat man das Gefühl, dass das Buch sich an Gefühlskrüppel richtet. Für sie sind die Illustrationen eines Gesichtes in unterschiedlichen Gefühlszuständen sicher nützlich: Wie sieht die Mimik aus, wenn jemand glücklich, traurig oder wütend ist? Die gängigen Smileys lassen grüßen.
Doch die meisten Tipps und Erklärungen der beiden Psychologen sind auch für Otto Normalmanager geeignet. So bekommt man Raster und Analysemethoden an die Hand, um emotionale Situationen und Probleme zu analysieren. Oft sind die eigenen Gefühle vage, schwer auf den Punkt zu bringen. Man ist verstimmt oder fühlt sich unwohl, weiß aber nicht, wieso. Sich bei dieser Diagnose helfen zu lassen ist nützlich. Natürlich gibt es auch ausführliche Selbsttests, in denen man feststellen kann, ob man Gefühle richtig interpretieren kann und ob man schon emotional intelligent ist. Hier sind die Autoren auf vertrautem Terrain, schließlich haben sie den "Mayer-Salovey-Caruso Emotional Intelligence Test" aus der Taufe gehoben.

Gefühle geschickt steuern.


Doch sie erklären nicht nur, wie man Emotionen richtig bei anderen und sich selbst erkennt, sondern auch, wie man sie strategisch und geschickt nutzt. Sie also ganz gezielt managt und in die richtigen, nämlich konstruktiven Bahnen lenkt. Das fängt bei einem selbst an. "Emotionen zu blockieren kann zu einer gefährlichen Gewohnheit werden und verbraucht viel Energie", warnen die Autoren und empfehlen, Emotionen zuzulassen.
Übungen für Fortgeschrittene sind, die Emotionen ganzer Teams zu beeinflussen. Zum Beispiel durch das Phänomen "emotionale Ansteckung" oder indem man die richtige Stimmung schafft. Manchen Führungskräften, die im Umgang mit Menschen erfahren sind, gelingt so etwas mit Leichtigkeit, sie brauchen kaum darüber nachzudenken. Wem es schwerer fällt, sollte sich nicht ohne Hilfestellung von Caruso und Salovey ins Management wagen. Als Lohn winken effektive zwischenmenschliche Beziehungen und Erfolg bei der Mitarbeitermotivation.
Kleiner Trost für alle, denen der Zugang zu ihren Emotionen und denen ihrer Mitarbeiter schwer fällt: der EQ ist, so die Autoren, nicht ausschließlich angeboren, sondern ausbaufähig. Man kann sich emotionale Kompetenz wirklich erarbeiten. Wer dieses Projekt anpacken will, der ist mit diesem Buch gut bedient.

David R. Caruso / Peter Salovey:
i>Managen mit emotionaler Kompetenz,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
256 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 3-593-37569-9
www.campus.de

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

© changeX Partnerforum [23.05.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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: Managen mit emotionaler Kompetenz. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 256 Seiten, ISBN 3-593-37569-9

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