Hervorragender Tummelplatz

Die kleinen Saboteure, das neue Buch von Marco von Münchhausen.

Von Nina Hesse

Innere Schweinehunde sind auch in den Unternehmen zugange. Und zwar nicht zu knapp. So manche gescheiterte Umsetzung geht auf das Konto der lästigen Tierchen. Doch es gibt Möglichkeiten, mit ihnen Frieden zu schließen.

Kompetenz- und Machtgerangel im Team. Entscheidungen werden verhindert ("Das Problem ist nicht lösbar") oder verschleppt. Mit der Umsetzung hapert es sowieso. An allen Enden wird blockiert und gemauert. Und ein Höchstmaß an Bürokratie sorgt dafür, dass sich das nicht ändert. Kurz: In Unternehmen finden Schweinehunde ein wunderbares Tummelfeld vor, in dem sie sich so richtig ausleben können. Träge liegen sie unter Konferenztischen und den Schreibtischen der Mitarbeiter, räkeln sich aber auch neben den Chefsesseln.
Für Manager ist das manchmal zum Aus-der-Haut-fahren. Gefrustet reagieren sie nur allzu oft mit Umstrukturierungen oder Entlassungen, um wieder Ordnung in "den Laden" zu bringen. Gar nicht nötig, behaupten Marco von Münchhausen (bekannt von seinem ersten Buch So zähmen Sie Ihren inneren Schweinehund. Vom ärgsten Feind zum besten Freund) und der erfahrene Management-Autor Hermann Scherer. Es gibt auch andere Wege, das lästige Tierchen zu zähmen und im Unternehmen eine positive Arbeits- und Teamkultur hinzubekommen. Münchhausen und Co. machen in vielen Fallbeispielen deutlich, wo der Schweinehund am Werk ist. Anschließend werfen sie einen Blick in die Trickkiste des Schweinehunds, entschlüsseln die Motive und Dynamiken, die hinter ihm stehen, und geben Tipps, wie man mit ihm klar kommt. Nach dem Motto: "Gelingt es, den Schweinehund zu durchschauen und Hand in Hand mit ihm statt gegen ihn das Notwendige zu tun, klappt alles besser."

Verhaltensmuster durchbrechen.


Manche Merksätze aus dem ersten Band finden sich im zweiten Buch wieder, mit Beispielen aus dem Business-Bereich versehen. Aber nicht nur eine Transferleistung, auch viel Neues hat der zweite Band zu bieten. Besonders das Thema Change Management bietet reichlich Ansatzpunkte: Viele Mitarbeiter reagieren auf Veränderungen mit Angst, sie legen sich eiligst Schützengräben und wehren Herausforderungen ab, weil sie sich überfordert fühlen. Und natürlich achten ihre Schweinehündchen ganz genau darauf, dass ihren Herrchen nichts weggenommen wird - bei vermeintlichen Versuchen, an den Pfründen zu rühren, werden sie richtig bissig.
Aber auch interkulturelle Missverständnisse, Teamprobleme und der ganz alltägliche Meeting-Wahnsinn greifen die Autoren mit Hilfe ihrer bewährten tierischen Metapher auf. Wenn ein Team zum Beispiel auf der Beziehungsebene anfängt, sich um sich selbst zu drehen, dann können dahinter Ursachen stecken, die gar nicht im Unternehmen zu suchen sind. Denn da der Schweinehund zu einem guten Teil aus ungeklärten, verdrängten Persönlichkeitsanteilen besteht, rastet er in manchen Situationen, die ans Elternhaus oder an Rollenkonflikte mit Geschwistern erinnern, aus. Schwupps - schon greift ein uraltes Verhaltensmuster! Außenstehende, die das natürlich nicht wissen können, tippen sich an die Stirn: Was ist denn mit dem los? Münchhausens Tipp: "Finden Sie heraus, welche Dynamik in einem Team am Werke ist, dann können die Mitglieder auch wieder autonom handeln." Wichtig ist aber auch, Ziele richtig festzuklopfen und sie "Schweinehund-sicher" zu machen, in dem man sie beispielsweise vom Mitarbeiter selbst formulieren lässt.
Der Anti-Schweinehund-Führungsstil, den die Autoren empfehlen, ist sehr löblich: Zum Beispiel gilt es, durch Ziele zu führen, aber zu kontrollieren, ob sie erreicht worden sind. Auf die Bedürfnisse der Teammitglieder einzugehen. Das soziale Bewusstsein im Team zu fördern. Und nicht zuletzt dem Schweinehund einen Ort zum Meckern zu geben.

Mitarbeiter auf dem Prüfstand.


Münchhausen und Co. schreiben ganz aus der Sicht der Führungskraft, des Managers. Deshalb stimmen der Buchtitel Die kleinen Saboteure - So managen Sie die inneren Schweinehunde im Unternehmen und die Typologien im Buch auch ein wenig unwohl. Ist das immer öfter der Blick der gefrusteten und krisengeschüttelten Führungskräfte auf ihre viel gepriesene Ressource Nummer eins: Alles Saboteure, die sich jedem Wandel entgegenstellen, Arbeitsvermeidung praktizieren und vor allem mit ihren Kollegen beschäftigt sind statt mit dem Kunden? Zum Glück geben die Autoren immer wieder zu bedenken, dass es den Mitarbeitern nicht gerecht wird, sie nur unter negativem Vorzeichen zu betrachten, und mahnen: "Menschen haben einen inneren Schweinehund, aber sie sind nicht mit ihm identisch."
Hm. Kleiner Blick in die Gallup-Statistik, die im Buch zitiert wird: 15 Prozent der deutschen Arbeitskräfte arbeiten engagiert, 60 Prozent nicht engagiert und 16 Prozent betätigen sich sogar aktiv unengagiert, das heißt sie schaden dem Unternehmen sogar noch. Bitter! Da lässt sich nachvollziehen, warum die Sprache der Autoren stellenweise etwas herb ausgefallen ist. Zum Beispiel, wenn's um Weiterbildung geht: "Viele Mitarbeiter kommen von alleine einfach nicht auf die Idee, sich nach geeigneten Kursen umzusehen, um sich fachlich auf dem Laufenden zu halten. (...) Wenn die Qualifikation dann nicht mehr mit dem Anforderungsprofil zusammenpasst, ist das Geschrei groß."
Kurz: Münchhausens neues Werk eignet sich hervorragend als Geschenk für Manager, die über ihre Leute immer neue Horrorstorys zu erzählen wissen. Aber der Chef sollte sich besser nicht mit diesem Buch von seinen Mitarbeitern erwischen lassen. Sonst ist der Ofen aus und die Sympathie verscherzt.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Marco von Münchhausen / Hermann Scherer:
Die kleinen Saboteure.
So managen Sie die inneren
Schweinehunde im Unternehmen,

Campus Verlag,
Frankfurt/New York 2003,
206 Seiten, 24,90 Euro,
ISBN 3-593-37202-9
www.campus.de

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: Die kleinen Saboteure. . So managen Sie die inneren Schweinehunde im Unternehmen. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 206 Seiten, ISBN 3-593-37202-9

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