Gemeinsames Lernen tut not
Um die Zukunft des Ideenmanagements geht es bei der diesjährigen Konferenz des Zentrums Ideenmanagement. In einer Serie von Kurzinterviews sagen die Sprecher der Expertenkreise, was sie von der Konferenz erwarten.
Dr. Hartmut Neckel, SCIENTIFIC CONSULTING Dr. Schulte-Hillen GmbH, ist Experte für Lern- und Wachstumsprozesse. Er ist Vorsitzender des Expertenkreises Internationales Ideenmanagement beim Zentrum Ideenmanagement (ZI).
Worum geht es in Ihrem Expertenkreis?
Bei vielen Unternehmen haben Standorte in verschiedenen Ländern ein Ideenmanagement auf eigene Faust entwickelt, aber ohne Verbindungen untereinander. Das ergibt dann eine Ansammlung von "nationalen Ideenmanagements". International wird das Ideenmanagement eines Unternehmens erst dadurch, dass es länderübergreifende Berührungen gibt. Die können natürlich sehr unterschiedlich sein: Es fängt oft an mit der Motivation und Betreuung der ausländischen Töchter durch das Stammhaus, geht weiter über organisierten Erfahrungsaustausch und Kennzahlenvergleiche bis hin zur gezielten Erarbeitung von Ideen in länderübergreifenden Teams und zur Mehrfachnutzung von Ideen in mehreren Ländern.
Welches ist die zentrale Herausforderung in Ihrem Expertenkreis?
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, zwischen dem Bedarf globaler Vergleichbarkeit und zentraler Ergebnisermittlung auf der einen Seite und der Berücksichtigung länderspezifischer Besonderheiten auf der anderen Seite eine angemessene Balance zu finden. Vorgaben und Handreichungen von der Zentrale sind zwar als Orientierungshilfe und Arbeitserleichterung willkommen, sollten aber immer genügend Spielräume für individuelle Anpassungen bieten.
Generell kann man sagen, dass Entscheidungswege und Anerkennungen eher vor Ort nach länderspezifischen Anforderungen geregelt werden sollten. Dagegen können grundlegende Strukturen und Kennzahlensysteme global einheitlich ausgerichtet werden.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, Überregulierung zu vermeiden. Schon von der Sache her ist internationales Ideenmanagement sehr viel komplexer als Ideenmanagement in nur einem Land. Entsprechend größer ist die Vielzahl von möglichen Sonderfällen - etwa in länderübergreifenden Konstellationen von Einreichern oder Nutzern einer Idee. Wenn man die alle im Vorhinein bedenken und regeln wollte - man käme aus den Bedenken gar nicht mehr heraus. Dennoch muss eine Verständigung auf gewisse Mindeststandards erfolgen, um Konfliktpotenziale zu minimieren.
Natürlich sieht sich auch das internationale Ideenmanagement gefordert, Nachhaltigkeit in der Beteiligung zu sichern. Das gilt aber für das Ideenmanagement an sich und ist keine Besonderheit der Internationalität.
Wie sieht die Zukunft des Ideenmanagements aus?
Für Weiterentwicklungen des Ideenmanagements sehe ich vier "Baustellen", die ich mit folgenden Überschriften bezeichnen möchte: Zuweisung einer strategischen Bedeutung, Integration in Führungs- und Managementsysteme, Differenzierung der Anreiz- und Motivationsinstrumente und schließlich IT-Unterstützung.
Interessanterweise haben alle vier Themen auch mit internationalen Gesichtspunkten zu tun.
Immer mehr Unternehmen erkennen den - strategischen - Wert von Ideenreichtum. Wenn Ideen aber wertvoll sind, sollte man sie sorgfältig managen. Daher wird auch die Internationalisierung dieses Managementprozesses in immer mehr Unternehmen strategisch gewollt.
Zunehmend wird Ideenmanagement mit anderen Systemen verzahnt - sei es über die Berücksichtigung in Zielvereinbarungen oder Balanced Scorecards, sei es durch die Verknüpfung mit Innovations- oder Wissensmanagement. Auch diese Systeme stehen hinsichtlich einer "echten" internationalen Ausrichtung in vielen Unternehmen erst am Anfang - gemeinsames Lernen tut not.
Gerade der Blick über Ländergrenzen macht deutlich, wie unterschiedlich Menschen auf Anreize und Motivationsfaktoren reagieren. Von der tristen "Prämien-nach-Schema-F-Welt" vergangener Zeiten wird sich das Ideenmanagement immer mehr entfernen.
Nicht zuletzt stellt Internationalität auch die IT-Unterstützung vor neue Herausforderungen. Über kurz oder lang wird es keiner speziellen "Ideenmanagementsoftware" mehr bedürfen - Ideen werden mit denselben Techniken kommuniziert und gemanagt werden, mit denen Menschen weltweit auch sonst kommunizieren und ihr (Berufs-)Leben managen.
16. März, der Kongress ist zu Ende, Sie fahren nach Hause. Wie ist es gelaufen?
Ich bin in (mindestens) einer Meinung widerlegt worden, in (mindestens) einer Meinung bestärkt worden, und habe (mindestens) eine neue Meinung gehört, die ich noch gar nicht kannte.
changeX 22.02.2012. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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changeX RedaktionEin Beitrag der changeX-Redaktion.