Umfairteilung
Wie sieht es aus im Inneren eines "Reichen", der sehr viel Geld für wohltätige Zwecke abgibt? Peter Daniell Porsche, Urenkel des legendären VW-Käfer-Entwicklers, gibt in seiner Autobiografie Auskunft.
Viel ist dieser Tage davon zu hören, die Reichen sollten etwas abgeben von ihrem - nun ja - Reichtum. "Reichtum besteuern", "Umfairteilung" - bekannte Schlagwörter, die in Krisenzeiten in keiner politischen Diskussion fehlen. Zumal seit Ministerin von der Leyen einen Sozialbericht veröffentlichte, aus dem nicht wenige die Forderung herauslasen, diese Reichen sollten sich doch bitte schön endlich an der Finanzierung der Gesellschaft beteiligen.
In Form von Stiftungen und Spenden natürlich, ruderte man schnell zurück, als die Wogen schon hochgingen, Steuern zahlen sie ja schon. Und wie mit Ministerin von der Leyen abgesprochen ist im August ein Buch erschienen, das Licht zu werfen verspricht auf diese sagenumwobene Figur der kapitalistischen Wirtschaftsordnung: der schwerreiche Wohltäter.
In diesem Fall handelt es sich um Peter Daniell Porsche, Eigentümer von einem Achtel der Porsche-Aktien und begeisterter Nutzer der fahrbaren Familienproduktion. Es gibt noch mehr im Leben als Autos bauen, schon der Titel will übers Geldverdienen hinausweisen - ohne dass sich Porsche der Welt der Wirtschaft verschließt. Ihm geht es darum, einen Sinn in eben jenes Geldverdienen zu bringen, das in seinem Fall eher ein Geldhaben ist - für Geld arbeiten musste er noch nie.
Also beschreibt das Buch sein Leben - in klassischen Stationen der Biografie wie Schule, Studium, Heirat und Familienleben - und auf dieser Matrize immer das eigene wohltätige Engagement. Und es gewährt aber auch ein paar Einblicke in das Leben der beiden Clans, wie er das selbst nennt, die sein Leben bestimmen - die "Piëchjaner" und die "Porschejaner". Es ist die Biografie eines noch jungen Mannes - Peter Daniell Porsche ist 1973 geboren -, aber leer ist sie nicht, und sie kommt zur rechten Zeit. Wie lebt sich’s denn als Superreicher? Warum stecken reiche Menschen Geld - sehr viel in diesem Fall - in soziale Projekte? Wie lässt sich ökonomisches Denken mit gesellschaftlichem Engagement vereinbaren - und ist das ein Zukunftsmodell?
Ein Zukunftsmodell?
Peter Daniell Porsche sagt: natürlich. Er scheut sich nicht, eine "Wirtschaft mit menschlichem Antlitz" zu fordern, und schreckt nicht davor zurück, einige Grunderkenntnisse anzumahnen: "Die Wirtschaft hat eine soziale Verpflichtung." Damit ist er auf altmodische Weise nah dran an den Diskursen um soziale Verantwortung, vernünftiges Wachstum und nachhaltiges Wirtschaften. Zumal ein weiterer zentraler Satz lautet: "Ich bin nicht gegen ökonomisches Denken, nicht gegen Profit und gegen wirtschaftliche Entwicklung."
Dieser Porsche zeigt das auf sehr persönliche Weise. Im Konzern spielt der Neffe des 911er-Konstrukteurs, Urenkel des VW-Erfinders Ferdinand Porsche, kaum eine Rolle. Seine Biografie macht ihn scheinbar zum Gegenteil eines Menschen mit Benzin im Blut - er ist ausgebildeter Waldorflehrer und Musiktherapeut, das Cover seines Buches ziert denn auch sein Hauptinstrument, eine Querflöte. Er leitet eine heilpädagogische Schule bei Salzburg, die nach Waldorfprinzipien arbeitet - die er mit vielen Millionen gründete und mit gut einer halben Million Euro pro Jahr bezuschusst.
Darüber und über andere Wohltätigkeiten schreibt Porsche ausführlich und offen. Ein Selbstlob ist sein Buch deshalb nicht. Hier geht es einem darum, seine Position in einem der reichsten Wirtschaftsclans Europas zu erklären. Und diese Rolle sieht er selbst als Vermittler zwischen geistiger und wirtschaftlicher, zwischen sozialer und wirtschaftlicher Welt. Was für ihn ganz automatisch zu "Wohltätigkeit" führt. Auch wenn er in kleinem Rahmen mit der Schule und damit verbundenem Sozialunternehmen auch ein bisschen Unternehmer ist, geht es ihm vor allem um eins: Er möchte das Porsche-Geld, für das er "nichts tut", der Allgemeinheit zurückgeben.
Was das Buch auch zu einer einsichtsvollen Lektüre macht für Leser, die in den als verschwiegen geltenden Porsche-Piëch-Kosmos blicken wollen. Denn diese anthroposophische Seite, welche die "geistigen Dinge" betont, ist durchaus Porsche-typisch. Dorothea Porsche, Schwiegertochter des berühmten Ferdinand Porsche und Frau von Ferry Porsche, war Anthroposophin und schickte ihre vier Söhne in eine Stuttgarter Rudolf-Steiner-Schule. Hans Peter Porsche, Vater des Autors, hat seine schulische Unterbringung zwar nicht besonders gefallen - dafür heiratete er eine Frau, die ihren Sohn Peter Daniell Porsche ebenfalls anthroposophisch erziehen ließ. Der sagt wiederum von sich, er wolle "die Welt meines Vaters (Business und Rentabilität) mit der meiner Mutter (Empathie und Anthroposophie) verbinden".
Jesus Cayenne
Wenn jemand aus seiner familiären Urkonstellation ein konstruktives Leben macht, beeindruckt das. Das Einzelkind Peter Daniell Porsche sah sich wohl immer als Vermittler zwischen seinen Eltern, die sich in den 80er-Jahren scheiden ließen. Mit seinem Buch hat er eine schlüssige Erklärung seines (bisherigen) Lebens als Wohltäter und sehr bewusster Porsche-Spross vorgelegt, die auch ganz klar zeigt, wie es zustande kommen kann, dass die Reichen von ihrem Geld "abgeben".
Dass man Peter Daniell Porsche auch schon als "Jesus Cayenne" bezeichnet hat, kann er dabei gut verkraften. Schließlich vervollständigt er den Titel seines Buches im Schlusssatz folgendermaßen: "... aber gute Autos bauen ist auch schon sehr viel!"
changeX 15.10.2012. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch auf der Verlagsseitewww.hanser-literaturverlage.de/...
Zum Buch
Peter Daniell Porsche: Es gibt noch mehr im Leben als Autos bauen. Carl Hanser Verlag, München 2012, 232 Seiten, ISBN 978-3-446429185
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Autor
Jost BurgerJost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.