Wenn es uns gelänge

Die Kunst des klugen Handelns - das neue Buch von Rolf Dobelli
Rezension: Dominik Fehrmann

Ein Quantensprung an Wohlstand wäre der Lohn, wenn es uns gelänge, die Denkfallen zu umgehen, in die wir immer wieder tappen. Möglich aber ist es, sagt Dobelli. Und rät, sich neue Denkmodelle abseits des eigenen Fachbereichs anzueignen.

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Besteht doch noch Hoffnung für die Menschheit? Hoffnung auf ein Aussterben der menschlichen Dummheit? Anlass zu solcher Hoffnung gibt ein Blick auf die Spiegel-Bestseller-Liste. Wochenlang wurde sie im vorigen Jahr angeführt von Rolf Dobellis Die Kunst des klaren Denkens. 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen. Und noch immer rangiert das Buch in den Top Ten - knapp hinter Dobellis jüngstem Werk Die Kunst des klugen Handelns. 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen

Offenbar gibt es zurzeit ein großes Bedürfnis nach Klarheit und Klugheit. Die wachsende Unübersichtlichkeit der Welt lässt grüßen. Entscheidungen scheinen zunehmend unwägbar, ob es nun um private Geldanlagen geht, die Berufswahl oder die strategische Ausrichtung der eigenen Firma. Die abenteuerlichen Finanzgeschäfte vieler Banken haben gezeigt, dass selbst vermeintliche Experten nur von einem Irrtum zum nächsten stolpern. Mehr Klarheit und Klugheit könnten da nicht schaden. Und uns vielleicht sogar zu einem deutlich besseren Leben verhelfen. Rolf Dobelli jedenfalls ist davon fest überzeugt. "Wenn es uns allen gelänge, die wichtigsten Denkfehler zu vermeiden - sei es im Privatleben, im Beruf oder im politischen Entscheidungsprozess -", schreibt der Schweizer Unternehmer und Schriftsteller in seinem neuen Buch, "resultierte ein Quantensprung an Wohlstand."


Fehler im Blut


Natürlich ist der Konjunktiv entscheidend: "Wenn es uns allen gelänge". Denn grobe Denkfehler lassen sich nicht einfach so ausschalten. Die meisten, denen wir systematisch zum Opfer fallen, liegen uns gewissermaßen im Blut, sind evolutionspsychologisch zu erklären. Das ist auch im neuen Buch Dobellis grundlegende These. Trotz des abgewandelten Titels handelt sich um eine Fortsetzung des ersten Buchs, also die Bündelung weiterer in der FAZ und der Schweizer SonntagsZeitung erschienener Kolumnen. "Nimmt man beide Bücher zusammen", schreibt Dobelli im Vorwort des neuen, "sind die 100 wichtigsten Denkfallen nun aufgedeckt." 

Wie schon im ersten Band erweist sich Dobelli auch in der Kunst des klugen Handelns als Meister der kurzweiligen Aufbereitung psychologischer und soziologischer Studien. Er schreibt über Marienerscheinungen auf Toastbrotscheiben (also über unsere Neigung, Muster zu erkennen, selbst da, wo es keine gibt), über den Übermut von Lottogewinnern (unsere Neigung, mit gewonnenem Geld leichtfertiger umzugehen als mit erarbeitetem) oder über die Fragwürdigkeit vieler MBA-Investitionsrechnungen (unsere Neigung, ein Angebot nur mit dem Status quo zu vergleichen statt mit relevanten Alternativen). Dobellis Beispiele sind anschaulich und einleuchtend, seine Erläuterungen prägnant und verständlich. Da fällt auch nicht weiter ins Gewicht, dass er bisweilen allzu salopp doziert, etwa wenn er en passant verkündet: "Wir haben keinen freien Willen" - als sei diese Behauptung einiger Hirnforscher nicht längst der Voreiligkeit überführt.  

Hielt sich Dobelli im ersten Band mit Ratschlägen noch sehr zurück, will er nun die Dummheit nicht so leicht davonkommen lassen. "Desertieren Sie!", empfiehlt er allen, die unter Ausnutzung atavistischer Gruppenzugehörigkeitsgefühle in den Krieg geschickt werden. Und um die Déformation professionelle zu vermindern - die vernunftwidrige Neigung, jegliches Problem mit vertrauten und eingeübten Denkweisen zu lösen -, rät er zur Aneignung "neuer Denkmodelle abseits Ihres Fachbereichs", etwa einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise oder auch einer biologistischen. Eine Aufgabe, die, wie Dobelli selbst einräumt, mindestens ein ganzes Jahr in Anspruch nimmt.


Was Gescheites tun


Der Dummheit ist eben nicht mit einem Crashkurs beizukommen. Und auch nicht mit bloßer Lektüre. Wer das meine, so Dobelli, mache sich eines weiteren Denkfehlers schuldig: der Überschätzung reinen Wortwissens. Gegen diese Überschätzung hat er einen ebenso simplen wie drastischen Ratschlag parat: "Hören Sie jetzt auf mit Lesen, und tun Sie etwas wirklich Gescheites!" 


changeX 04.10.2012. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Die Kunst des klugen Handelns. 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen. Carl Hanser Verlag, München 2012, 248 Seiten, 14.90 Euro, ISBN 978-3-446-43205-5

Die Kunst des klugen Handelns

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Autor

Dominik Fehrmann
Fehrmann

Dominik Fehrmann ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.

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