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Ressource Ich. Das Standardwerk von Hans Eberspächer in erweiterter Neuauflage.
Von Susanne Behnk
"Ach bin ich im Stress!" Für viele ist das Ausweis der eigenen Leistungsfähigkeit. Wer gestresst ist, ist gefragt, hat zu tun, ist dabei. Ein renommierter Sportpsychologe ist da anderer Meinung. Er hält dagegen: Stress ist die Folge eines nachlässigen Umgangs mit den eigenen Ressourcen. Das Gegenmittel: Sich selbst neu entdecken und sich mehr zutrauen. Denn Leistungsfähigkeit ist eine Sache des Kopfes. / 13.05.09
Hans Eberspächer CoverNein, gestresst sein ist kein Qualitätsmerkmal. Sagt Hans Eberspächer. Und der kennt sich aus mit Stressbewältigung, Leistungsoptimierung, Motivationstraining und Teamentwicklung. Seit Jahren erforscht der promovierte Diplompsychologe vor allem das Phänomen Stress. Seine Erkenntnis: Stress ist oft die Folge eines nachlässigen Umgangs mit den eigenen Ressourcen. Und er lässt sich vermeiden; den souverän-gelassenen Umgang mit beanspruchenden Situationen kann man erlernen. Ziel ist ein ökonomischer Umgang mit Stress. Im Zentrum eines Antistresskonzepts kann nur die Ressource "Ich" stehen, deren Potenzial es zu entfalten gilt. Ressource Ich lautet denn auch der Titel von Eberspächers Standardwerk, das nun in dritter erweiterter Auflage erschienen ist.
In entscheidenden Situationen, wenn einem die lähmende Angst vor dem möglichen Scheitern im Nacken sitzt, frisst die Angst vor dem Versagen unsere Energien und wir machen uns selbst zu Kaninchen in der Grube. Wie aber schafft man es, auch in extremen Beanspruchungs- und Stresssituationen sein Bestes zu geben? Eberspächer bietet eine Methode an, die vor allem im Sport weitverbreitet ist: mentales Training.

Fit im Kopf.


Denn eigentlich ist es der Hochleistungssport, den sich der Sportpsychologe Eberspächer zum Arbeitsschwerpunkt gewählt hat. Zahllose Leistungssportler hat er bereits gecoacht. Eberspächers mentale Trainingstechniken stießen aber auch auf Begeisterung bei Unternehmern und Personalentwicklern außerhalb der Sportwelt. Er ist also ein Fitnesstrainer der etwas anderen Art: Der Coach fürs Mentale hilft seinen Kunden, systematisch und effizient zu denken und ihr Potenzial zu entfalten. Egal ob Marathonläufer, Chirurg, Manager oder Otto Normalverbraucher: Die Grundprozesse sind immer dieselben, hat Eberspächer erkannt. Jeder kann also das mentale Training für sich nutzbar machen. Im Kern geht es darum, sich selbst neu zu organisieren. Es gilt, mentale Fertigkeiten zu erwerben, um sein Bestes zulassen zu können. Denn sein Bestes geben kann nur der, dessen Kopf dies auch zulässt. Der Kopf bestimmt unser Tun. Die Umsetzung der erlernten Techniken muss man dann allerdings allein managen. Selbstmanagement meint die Arbeit an der eigenen Handlungskompetenz, um in jeder Situation bestmöglich agieren zu können.
Erfahrungsgemäß machen störende negative Gedanken oft, was sie wollen. Die Kernbotschaft des Stressexperten lautet deshalb: Es gilt das eigene Denken so zu regulieren, dass es dem Handeln dienlich ist und nicht blockierend wirkt. Eine der angebotenen Techniken ist der innere Dialog, der darauf abzielt, Motivation und Befindlichkeit zu regulieren. Anliegen eines systematisch positiven Selbstgesprächs ist es aber auch, sich und seinen Handlungen Struktur zu geben. Selbstgespräche und Handeln seien ohnehin "wie die beiden Seiten einer Münze". Und das Selbstgespräch ist noch zu etwas anderem gut: Nämlich sich selbst richtig einschätzen zu lernen, die eigenen Stärken zu entdecken und das zu machen, was man kann. Das Schlagwort heißt also Bewusstheit. Bewusste Aktion lässt keine Kapazität mehr frei; denn sowohl Leistung wie auch Entspannung erfordern absolute Konzentration. Multitasking funktioniert also nur bei Routineabläufen.

Kultur des Augenblicks.


Das Buch bietet unterschiedliche Stressbewältigungsstrategien an und wartet mit trainierbaren Handlungsmodulen auf. Im Mittelpunkt steht, Herausforderungen als Chancen anzunehmen und Stresssituationen ökonomisch zu nutzen. Eberspächers Plädoyer gilt der "Kultur des Augenblicks": Ein Profi gibt sein Bestes, indem er sich auf das Hier und Jetzt konzentriert und ein Gleichgewicht zwischen bewusstem Im-Jetzt-Leben und finalisierendem Im-Voraus-Planen findet. Ebenso ist die Synchronisation innerer und äußerer Abläufe eine notwendige Voraussetzung für eine optimale Ausführung. Kopf und Körper sollen sich gegenseitig unterstützen. Dabei geht es auch um eine ausgewogene Synchronisation der eigenen Kompetenzen. Denn bei fehlender Sozial- und Selbstkompetenz bringt die beste Sachkompetenz nur wenig, so der Autor.
Jeder kann sich selbst in gewinnbringender Weise umprogrammieren, davon ist Eberspächer überzeugt: "Modifikation ist dann nötig, wenn die Vorstellungen uns daran hindern, zum definierten Zeitpunkt optimal zu handeln - oder wenn sie schlichtweg unzweckmäßig und unrealistisch sind." Das mentale Training setzt also an den inneren Vorstellungen, den Selbstbildern an. Diese haben die Funktion von Landkarten und lassen sich systematisch trainieren. Auf der Grundlage positiver Landkarten gelte es, eine Art von Navigationssystem zu entwickeln: Zunächst müssten das Ziel und die einzelnen Schritte festgelegt sein, damit man den Ablauf im Kopf durchspielen könne und seinen Weg nicht verliere.
Entscheidend aber sei es, sich selbst auf den richtigen Weg zu bringen, betont Eberspächer: Um persönliche Ressourcen optimal nutzen zu können, gilt es, ein positives wie realistisches inneres Drehbuch zu entwerfen und ein entsprechendes Selbstbild zu entwickeln. Dabei sollte man Kompetenzen anstelle von Defizit in den Mittelpunkt stellen - freilich ohne sich selbst zu belügen, so der Autor.

Den Weg zum Ziel mit Freude gehen.


Erfolg ist also vor allem eine Folge der eigenen Leistung. Durch erhöhten Stress sinkt deren Wirkungsgrad. Allein deshalb sollte ein achtsamer Umgang mit den eigenen Ressourcen in unserem eigenen Interesse liegen. Es gilt also, die verschiedenen Beanspruchungsgrade von der Unterforderung über positiven Stress bis hin zum Burn-out zu erkennen und eine persönliche "goldene Mitte" zu finden. Ein komplett stressfreies Leben aber ist keine Option. Ein scheinbar sorgenfreier Hängematten-Alltag wäre auf Dauer todlangweilig, davon ist Eberspächer überzeugt. Gesunde und interessante Menschen bleiben aktiv. Um aber dauerhaft gute Leistung bringen zu können, müssen regelmäßige Akku-Lade-Pausen eingebaut werden. Voraussetzung ist, dass wir uns in unserer Freizeit wirklich erholen, statt uns freiwillig in Freizeitstress zu stürzen. Also sich entspannen können und "Zeitinseln zur Entschleunigung" schaffen. Auch Entspannungstechniken kann man trainieren, betont der Sportwissenschaftler. Und plädiert natürlich für Bewegung als Mittel zum Stressausgleich, denn: "Der Mensch lebt von Bewegung und entwickelt sich in Bewegung."
Einen weiteren Schlüssel zum Erfolg sieht Eberspächer in der "Sinnfrage": Sich mit Herzblut für etwas Sinnvolles zu engagieren birgt schließlich eine weitaus größere Chance zum Erfolg, alleine deshalb, weil wir den Weg zum Ziel mit Freude begehen, meint der Erfolgscoach. Dabei kann auch die produktive Arbeit im Team helfen. So wartet die dritte Auflage von Eberspächers Erfolgsbuch mit einem neuen Kapitel zum Thema Team auf. Ziel ist es, Teamfähigkeit über professionelles Effizienzdenken hinaus weiterzuentwickeln und Teams als Leistungsgemeinschaften zu begreifen, die von der Kompetenz jedes Einzelnen leben. Erfolgreiche Teams analysieren Erfolg genauso akribisch wie Misserfolg. Allein deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass man sich gegenseitig unterstützt. Wenn dem so ist, bedarf es keines Teamleiters, davon ist Eberspächer überzeugt. Ein überraschendes Plädoyer für wenig Hierarchie.

Eigenverantwortlichkeit und Eigenleistung.


Eberspächers Ansatz ist ein ganzheitlicher und reicht somit weit über ein Plädoyer für positives Denken hinaus: Gezeigt wird, wie wir uns durch konsequente und systematische Arbeit an uns und unseren mentalen Prozessen fit für die Herausforderungen des Lebens machen können. Es geht darum, sich selbst neu zu entdecken und sich mehr zuzutrauen. Dementsprechend ist Ressource Ich auch kein schlichter Ratgeber mit unrealistischem Anspruch auf das Patentrezept - im Gegenteil: Betont wird die Wichtigkeit von Eigenverantwortlichkeit und Eigenleistung. Mit rationalen wie wissenschaftlich fundierten Argumenten zeichnet der Sportwissenschaftler das Bild der Ressource Mensch als "bio-mental-soziales" System. Als Betriebssystem des Menschen. Klar wird dabei: Es geht dem Autor um eine Erweiterung der Möglichkeiten menschlicher Leistungsfähigkeit. Dabei geht es schon mal wissenschaftlich zu, was jedoch durch zahlreiche Beispiele, Geschichten und Zitate wieder aufgelockert wird. Und durch weise Worte wie dieses: "Das Beanspruchende im Leben ist, dass es immer jetzt stattfindet … Nicht da, wo man ist, und nicht da, wo man sein wird."

Susanne Behnk ist freie Mitarbeiterin bei changeX.

Hans Eberspächer:
Ressource Ich.
Stressmanagement in Beruf und Alltag.

3., erweiterte Auflage,
Carl Hanser Verlag, München 2009,
256 Seiten, 24.90 Euro.
ISBN 978-3-446-41790-8
www.hanser.de

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: Ressource Ich. Stressmanagement in Beruf und Alltag. 3., erweiterte Auflage. Carl Hanser Verlag, München 2009, 256 Seiten, ISBN 978-3-446-41790-8

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