In entscheidenden Situationen, wenn einem die lähmende Angst vor dem möglichen Scheitern im Nacken sitzt, frisst die Angst vor dem Versagen unsere Energien und wir machen uns selbst zu Kaninchen in der Grube. Wie aber schafft man es, auch in extremen Beanspruchungs- und Stresssituationen sein Bestes zu geben? Eberspächer bietet eine Methode an, die vor allem im Sport weitverbreitet ist: mentales Training.
Fit im Kopf.
Denn eigentlich ist es der
Hochleistungssport, den sich der Sportpsychologe Eberspächer zum
Arbeitsschwerpunkt gewählt hat. Zahllose Leistungssportler hat er
bereits gecoacht. Eberspächers mentale Trainingstechniken stießen
aber auch auf Begeisterung bei Unternehmern und
Personalentwicklern außerhalb der Sportwelt. Er ist also ein
Fitnesstrainer der etwas anderen Art: Der Coach fürs Mentale
hilft seinen Kunden, systematisch und effizient zu denken und ihr
Potenzial zu entfalten. Egal ob Marathonläufer, Chirurg, Manager
oder Otto Normalverbraucher: Die Grundprozesse sind immer
dieselben, hat Eberspächer erkannt. Jeder kann also das mentale
Training für sich nutzbar machen. Im Kern geht es darum, sich
selbst neu zu organisieren. Es gilt, mentale Fertigkeiten zu
erwerben, um sein Bestes zulassen zu können. Denn sein Bestes
geben kann nur der, dessen Kopf dies auch zulässt. Der Kopf
bestimmt unser Tun. Die Umsetzung der erlernten Techniken muss
man dann allerdings allein managen. Selbstmanagement meint die
Arbeit an der eigenen Handlungskompetenz, um in jeder Situation
bestmöglich agieren zu können.
Erfahrungsgemäß machen störende negative Gedanken oft, was
sie wollen. Die Kernbotschaft des Stressexperten lautet deshalb:
Es gilt das eigene Denken so zu regulieren, dass es dem Handeln
dienlich ist und nicht blockierend wirkt. Eine der angebotenen
Techniken ist der innere Dialog, der darauf abzielt, Motivation
und Befindlichkeit zu regulieren. Anliegen eines systematisch
positiven Selbstgesprächs ist es aber auch, sich und seinen
Handlungen Struktur zu geben. Selbstgespräche und Handeln seien
ohnehin "wie die beiden Seiten einer Münze". Und das
Selbstgespräch ist noch zu etwas anderem gut: Nämlich sich selbst
richtig einschätzen zu lernen, die eigenen Stärken zu entdecken
und das zu machen, was man kann. Das Schlagwort heißt also
Bewusstheit. Bewusste Aktion lässt keine Kapazität mehr frei;
denn sowohl Leistung wie auch Entspannung erfordern absolute
Konzentration. Multitasking funktioniert also nur bei
Routineabläufen.
Kultur des Augenblicks.
Das Buch bietet unterschiedliche
Stressbewältigungsstrategien an und wartet mit trainierbaren
Handlungsmodulen auf. Im Mittelpunkt steht, Herausforderungen als
Chancen anzunehmen und Stresssituationen ökonomisch zu nutzen.
Eberspächers Plädoyer gilt der "Kultur des Augenblicks": Ein
Profi gibt sein Bestes, indem er sich auf das Hier und Jetzt
konzentriert und ein Gleichgewicht zwischen bewusstem
Im-Jetzt-Leben und finalisierendem Im-Voraus-Planen findet.
Ebenso ist die Synchronisation innerer und äußerer Abläufe eine
notwendige Voraussetzung für eine optimale Ausführung. Kopf und
Körper sollen sich gegenseitig unterstützen. Dabei geht es auch
um eine ausgewogene Synchronisation der eigenen Kompetenzen. Denn
bei fehlender Sozial- und Selbstkompetenz bringt die beste
Sachkompetenz nur wenig, so der Autor.
Jeder kann sich selbst in gewinnbringender Weise
umprogrammieren, davon ist Eberspächer überzeugt: "Modifikation
ist dann nötig, wenn die Vorstellungen uns daran hindern, zum
definierten Zeitpunkt optimal zu handeln - oder wenn sie
schlichtweg unzweckmäßig und unrealistisch sind." Das mentale
Training setzt also an den inneren Vorstellungen, den
Selbstbildern an. Diese haben die Funktion von Landkarten und
lassen sich systematisch trainieren. Auf der Grundlage positiver
Landkarten gelte es, eine Art von Navigationssystem zu
entwickeln: Zunächst müssten das Ziel und die einzelnen Schritte
festgelegt sein, damit man den Ablauf im Kopf durchspielen könne
und seinen Weg nicht verliere.
Entscheidend aber sei es, sich selbst auf den richtigen Weg
zu bringen, betont Eberspächer: Um persönliche Ressourcen optimal
nutzen zu können, gilt es, ein positives wie realistisches
inneres Drehbuch zu entwerfen und ein entsprechendes Selbstbild
zu entwickeln. Dabei sollte man Kompetenzen anstelle von Defizit
in den Mittelpunkt stellen - freilich ohne sich selbst zu
belügen, so der Autor.
Den Weg zum Ziel mit Freude gehen.
Erfolg ist also vor allem eine
Folge der eigenen Leistung. Durch erhöhten Stress sinkt deren
Wirkungsgrad. Allein deshalb sollte ein achtsamer Umgang mit den
eigenen Ressourcen in unserem eigenen Interesse liegen. Es gilt
also, die verschiedenen Beanspruchungsgrade von der
Unterforderung über positiven Stress bis hin zum Burn-out zu
erkennen und eine persönliche "goldene Mitte" zu finden. Ein
komplett stressfreies Leben aber ist keine Option. Ein scheinbar
sorgenfreier Hängematten-Alltag wäre auf Dauer todlangweilig,
davon ist Eberspächer überzeugt. Gesunde und interessante
Menschen bleiben aktiv. Um aber dauerhaft gute Leistung bringen
zu können, müssen regelmäßige Akku-Lade-Pausen eingebaut werden.
Voraussetzung ist, dass wir uns in unserer Freizeit wirklich
erholen, statt uns freiwillig in Freizeitstress zu stürzen. Also
sich entspannen können und "Zeitinseln zur Entschleunigung"
schaffen. Auch Entspannungstechniken kann man trainieren, betont
der Sportwissenschaftler. Und plädiert natürlich für Bewegung als
Mittel zum Stressausgleich, denn: "Der Mensch lebt von Bewegung
und entwickelt sich in Bewegung."
Einen weiteren Schlüssel zum Erfolg sieht Eberspächer in
der "Sinnfrage": Sich mit Herzblut für etwas Sinnvolles zu
engagieren birgt schließlich eine weitaus größere Chance zum
Erfolg, alleine deshalb, weil wir den Weg zum Ziel mit Freude
begehen, meint der Erfolgscoach. Dabei kann auch die produktive
Arbeit im Team helfen. So wartet die dritte Auflage von
Eberspächers Erfolgsbuch mit einem neuen Kapitel zum Thema Team
auf. Ziel ist es, Teamfähigkeit über professionelles
Effizienzdenken hinaus weiterzuentwickeln und Teams als
Leistungsgemeinschaften zu begreifen, die von der Kompetenz jedes
Einzelnen leben. Erfolgreiche Teams analysieren Erfolg genauso
akribisch wie Misserfolg. Allein deshalb sollte es
selbstverständlich sein, dass man sich gegenseitig unterstützt.
Wenn dem so ist, bedarf es keines Teamleiters, davon ist
Eberspächer überzeugt. Ein überraschendes Plädoyer für wenig
Hierarchie.
Eigenverantwortlichkeit und Eigenleistung.
Eberspächers Ansatz ist ein ganzheitlicher und reicht somit weit über ein Plädoyer für positives Denken hinaus: Gezeigt wird, wie wir uns durch konsequente und systematische Arbeit an uns und unseren mentalen Prozessen fit für die Herausforderungen des Lebens machen können. Es geht darum, sich selbst neu zu entdecken und sich mehr zuzutrauen. Dementsprechend ist Ressource Ich auch kein schlichter Ratgeber mit unrealistischem Anspruch auf das Patentrezept - im Gegenteil: Betont wird die Wichtigkeit von Eigenverantwortlichkeit und Eigenleistung. Mit rationalen wie wissenschaftlich fundierten Argumenten zeichnet der Sportwissenschaftler das Bild der Ressource Mensch als "bio-mental-soziales" System. Als Betriebssystem des Menschen. Klar wird dabei: Es geht dem Autor um eine Erweiterung der Möglichkeiten menschlicher Leistungsfähigkeit. Dabei geht es schon mal wissenschaftlich zu, was jedoch durch zahlreiche Beispiele, Geschichten und Zitate wieder aufgelockert wird. Und durch weise Worte wie dieses: "Das Beanspruchende im Leben ist, dass es immer jetzt stattfindet … Nicht da, wo man ist, und nicht da, wo man sein wird."
Susanne Behnk ist freie Mitarbeiterin bei changeX.
Hans Eberspächer:
Ressource Ich.
Stressmanagement in Beruf und Alltag.
3., erweiterte Auflage,
Carl Hanser Verlag, München 2009,
256 Seiten, 24.90 Euro.
ISBN 978-3-446-41790-8
www.hanser.de
© changeX Partnerforum [13.05.2009] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 13.05.2009. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Artikeltags
Carl Hanser Verlag
Weitere Artikel dieses Partners
Warum wir es gerne einfach hätten und alles immer so kompliziert ist - das neue Buch von Peter Plöger zur Rezension
Biohacking - das neue Buch von Hanno Charisius, Richard Friebe, Sascha Karberg zur Rezension
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Finanzbuchpreis 2013: Geld denkt nicht von Hanno Beck zur Rezension
Zum Buch
Hans Eberspächer: Ressource Ich. Stressmanagement in Beruf und Alltag. 3., erweiterte Auflage. Carl Hanser Verlag, München 2009, 256 Seiten, ISBN 978-3-446-41790-8
Buch bestellen bei
Osiander
genialokal
Amazon