Ein Hoch auf die Heuschrecken.
40 Prozent der strukturellen Verbesserungen, die in Deutschland vorgenommen wurden, sind nach Martin Hüfners "Gefühl" auf die Veränderungen des Kapitalmarktes zurückzuführen. Denn der war nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland unterentwickelt. Erst die Liberalisierung des Kapitalmarktes und der Rückbau der Deutschland AG haben dazu geführt, dass viel mehr ausländisches Kapital nach Deutschland geflossen ist. Ein schlagender Beweis dafür ist der Höhenflug des DAX, betont Hüfner, der sich entschieden gegen das verbreitete Negativimage ausländischer Investoren wendet. So haben Private-Equity-Fonds und Hedgefonds dazu beigetragen, viele deutsche Unternehmen profitabler zu machen - entgegen dem schlechten Ruf, den die "Heuschrecken" in Deutschland genießen. Zwar gebe es schwarze Schafe, räumt der Autor ein, doch im Wesentlichen sei der Einfluss auf die Entwicklung deutscher Unternehmen positiv.
Ein Tusch für die Arbeitnehmer.
Das ist aber erst der erste Aktivposten beim Comeback des Landes. Weitere "gefühlte" 40 Prozent gehen auf das Konto der Menschen in Deutschland, die "vor allem ihr Verhalten als Arbeitnehmer" geändert haben. Der Fernsehhersteller Loewe ist für Hüfner ein leuchtendes Beispiel: Nachdem das Management den Umschwung zu Flachbildgeräten verpasst hatte, schrieb das Unternehmen rote Zahlen. Doch die Beschäftigten gingen trotz ihres Unmuts auf die Forderungen des Firmenchefs ein und verzichteten auf ein Monatsgehalt beziehungsweise akzeptierten Gehaltskürzungen um zehn Prozent. Als Gegenleistung sollte die Firma das Geld samt 25 Prozent Aufschlag wieder zurückzahlen, sobald es dem Unternehmen besser ginge. Diese Zugeständnisse ermöglichten es Loewe, die Krise zu überwinden. Für Hüfner ein Beispiel, wie sehr sich deutsche Arbeitnehmer in den letzten Jahren geändert haben. Das gilt auch allgemein: Der Arbeitsmarkt ist flexibler geworden, es gibt mehr Selbständige und mehr Teilzeitarbeit - und auch wieder längere Arbeitszeiten. Das ist die eigentliche "Revolution": Weil der Staat nichts unternahm, nahmen viele ihr Leben selbst in die Hand. Dass die größere Flexibilität nicht verordnet, sondern von den Privaten mehr oder weniger freiwillig verwirklicht wurde, sei das Besondere des Modells Deutschland - neben der Liberalisierung des Kapitalmarktes.
Die Peanuts der Politik.
Politik und Unternehmen haben
dagegen nur wenig zu den Veränderungen beigetragen: Nur 20
Prozent gingen auf ihr Konto. "Die Reformen, die der Staat in
dieser Zeit verwirklichte, nehmen sich in diesem Vergleich wie
die berühmten Peanuts aus." Weiterhin sind also die Menschen auf
sich allein gestellt. Für sie entwirft Hüfner zum Schluss noch
"eine etwas andere Reformagenda": Er empfiehlt, die Freiheit zu
nutzen, die uns unsere Wirtschaftsordnung bietet. Eine
Marktwirtschaft lebe davon, dass jeder reich werden wolle. Weder
auf Kündigungsschutz noch auf Mindestlöhne solle man sich
verlassen und stattdessen selber Aktionär werden. Denn das sei
die beste Altersvorsorge. Den Staat solle das aber keineswegs zu
weiterer Untätigkeit ermuntern. Denn trotz des Politikversagens
hätten die Bürger zum Aufschwung Deutschlands beigetragen. Aber:
"Wenn das Modell Deutschland nachhaltig funktionieren soll, wenn
wir die erfreuliche Entwicklung der letzten zwei Jahre auf eine
dauerhafte Basis stellen wollen, dann brauchen wir auch
wirtschaftspolitische Reformen. Der Staat darf bei den Reformen
nicht abseits stehen."
Hüfner versteht es, die wirtschaftlichen Zusammenhänge
kurzweilig und anregend deutlich zu machen. Dabei führt er
nebenbei in wichtige Grundlagen der Volkswirtschaft ein. Schon
allein deswegen lohnt es, dieses Buch zu lesen. Sein Optimismus
und seine Begeisterung für die deutsche Wirtschaft wirken
geradezu ansteckend. Nach so vielen schlechten Nachrichten über
den Zustand Deutschlands ist das eine willkommene
Abwechslung.
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Martin Hüfner:
Comeback für Deutschland.
Warum unsere Wirtschaft durchstartet,
Carl Hanser Verlag, München 2007,
260 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3-446-41225-5
www.hanser.de
© changeX Partnerforum [11.09.2007] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Martin Hüfner: Comeback für Deutschland. . Warum unsere Wirtschaft durchstartet. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 260 Seiten, ISBN 978-3-446-41225-5
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.