Zero Tolerance.
Zum Beispiel die Polizei von New York, ein erstes ausländisches Vorbild für eine Erfolgsgeschichte einer öffentlichen Institution. Nach 30 Jahren der Stagnation gelang es dem neuen Polizeichef William Bratton im ersten Jahr seiner Amtszeit, die Kriminalität um zehn, im zweiten Jahr um weitere 15 Prozent zu senken. Das Erfolgsrezept hieß "Zero Tolerance". Bisher hatte die Polizei sich um geringfügige Delikte kaum gekümmert, weil die schweren wichtiger erschienen. Anders unter Bratton. Er setzte die konsequente Verfolgung auch geringfügiger Delikte durch und erreichte so, dass sich die Sicherheit der Menschen in New York merklich verbesserte. Zunächst hatte die Polizei zwar mehr Arbeit. Langfristig jedoch zahlte sich das Vorgehen aus. Es kam sogar zu "Synergieeffekten": Bei der Verfolgung notorischer Schwarzfahrer zeigte sich nämlich, dass diese häufig auch für zahlreiche andere Delikte verantwortlich waren, die die Polizei dann "in einem Aufwasch" aufklären konnte.
Schule mit Tochterunternehmen.
Ein Beispiel aus Deutschland ist die Georg-Weerth-Oberschule in Berlin, die nur wenige Kilometer von der umstrittenen Rütli-Schule entfernt liegt. Nur 48 Prozent der Schüler bekamen 1999 nach dem Abschluss einen Ausbildungsplatz. Nach Befragungen von ehemaligen Schülern, einer Analyse der Bedürfnisse der Unternehmen in Berlin und der Überprüfung der Fähigkeiten der Schüler wurde der Unterricht systematisch auf den Wandel der Berufswelt ausgerichtet. Mit dieser Neuausrichtung entstand geradezu ein Sog von Innovationen, in den Schüler, Lehrer und Eltern hineingezogen wurden. Die Schüler hatten sogar die Möglichkeit, an der Schule kleine "Tochterunternehmen" zu gründen und diese nach dem Schulabschluss, sofern sie ihre Kredite abbezahlt hatten, "mitzunehmen". Insgesamt konnte die Quote der Schüler, die einen Ausbildungsplatz bekamen, auf 98 Prozent gesteigert werden. Heute sieht sich Schulleiterin Britta Schmittke als "Geschäftsführerin des mittelständischen Unternehmens 'Georg Weerth', das seinen Firmensitz in Friedrichshain-Kreuzberg hat. Mit unseren 500 Mitarbeitern, 28 Abteilungsleitern und zwei Geschäftsführern produzieren wir Hardware - Zahlen, Fakten, Wissen - und Software - Kommunikations-, Team- und Konfliktfähigkeit neben den Tugenden wie Höflichkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Unser Produkt verkauft sich zu 98 Prozent, während die Konkurrenz bei rund 50 Prozent liegt."
Innovationskraft und Offenheit.
Zahlreiche andere
Erfolgsgeschichten öffentlicher Institutionen finden sich in dem
Buch, die die Lektüre lohnen. Hockey-Trainer Bernhard Peters
erzählt über seine ausgefeilten Trainingsmethoden, der Hamburger
Oberbürgermeister Ole von Beust über die Hamburger "HafenCity",
Walentina Matwienko über den Aufbruch in St. Petersburg und
anderes mehr. Für Rainer Lindenau, der viele öffentliche
Institutionen berät, weisen die vorgestellten Erfolgsstorys
bestimmte Gemeinsamkeiten auf: Stets haben die Institutionen sehr
hochgesteckte, konkrete Ziele. Keiner fordere nur, etwas solle
besser werden; alle sagten sehr genau, wo sie hinwollen. Dann
zeigen alle vorgestellten Institutionen eine besondere Markt- und
Kundenorientierung. Und sie verfügen über "Innovationskraft und
Offenheit gegenüber neuen Ideen" und sind - egal ob freiwillig
oder gezwungenermaßen - sehr wettbewerbsorientiert. Das bezieht
sich sowohl auf Wettbewerb nach außen als auch auf den Wettbewerb
innerhalb der Institutionen. Nicht zuletzt haben sie
erfolgsorientierte Führungskräfte, die Mitarbeiter begeistern und
motivieren und ihre Ideen gemeinsam mit ihnen entschlossen
umsetzen.
Viele der vorgestellten Beispiele sind - gerade auch aus
unternehmerischer Perspektive - so interessant und anregend, dass
man seine Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen vergessen
möchte. Auf jeden Fall macht die Vielfalt der hier vorgestellten
Projekte Mut für die Reformen, die noch auf den Staat
zukommen.
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Wolfgang Tiefensee / Rainer Lindenau:
Staat machen!
Erfolgsgeschichten öffentlicher Institutionen,
Carl Hanser Verlag, München 2007,
250 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3-446-41005-3
www.hanser.de
© changeX Partnerforum [25.04.2007] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Wolfgang Tiefensee / Rainer Lindenau: Staat machen! . Erfolgsgeschichten öffentlicher Institutionen. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 250 Seiten, ISBN 978-3-446-41005-3
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.