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Heute: Karen Minna Oltersdorf in Köln (21)
In den nächsten Monaten stellen wir ausgewählte Abonnenten vor. Jeden Dienstag und Freitag. Spannende Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer Serie von journalistischen Kurzporträts aus aller Welt.
Karen Minna OltersdorfKaren Minna Oltersdorf ist 33 Jahre alt. Sie arbeitet als Psychologin und Gestalttherapeutin in Köln. Nach dem Abitur geht sie zunächst nach Tübingen, um Psychologie und Kulturwissenschaften zu studieren. Die schwäbische Kleinstadt wird ihr jedoch kurz vor Studienabschluss zu eng. Die Diplomarbeit schreibt sie bereits in Köln. "Aus der Ferne." Ihr Schwerpunkt ist die ökologische Psychologie, ein Spezialfach, das sich mit der Wechselwirkung Mensch und Umwelt beschäftigt. Ihre Diplomarbeit geht über die "Eindruckswirkung von Stühlen". Gemeint sind damit Beschreibungen im übertragenen Sinne, etwa, dass ein Stuhl "eilig" wirkt oder "mächtig".
In Köln will sie an der Uni Fuß fassen, doch das klappt nicht wie gewünscht. Zufällig sieht sie einen Aushang vom TÜV Rheinland. Dort sucht das User-Center Studenten, die bei Studien zur Benutzerfreundlichkeit von Produkten mitwirken. Mit ihrem Arbeitsvertrag als freie Mitarbeiterin kann sie so viel arbeiten, wie sie will. Sie macht schnell Karriere. An der Konzeption des "User Tests" ist sie mitbeteiligt. Hintergrund: Die Konsumenten bewerten die Anwenderfreundlichkeit von Produkten. Das Prüfsiegel gibt es heute noch.
Auf einer Konferenz kommt sie mit Prof. Bruder von der Universität Essen ins Gespräch. Er leitet den Fachbereich Ergonomie im Industriedesign und holt Oltersdorf als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Von 1999 bis Ende 2001 widmet sie sich ihrem Forschungsthema "Emotionsstoff" - die Erlebensqualitäten materialer Umwelt. Bald aber erkennt sie ihre Grenzen. Wissenschaftlich kommt sie nicht weiter. "Ich habe mich nicht getraut, Neuland zu betreten", resümiert sie heute. Sie lässt den befristeten Vertrag auslaufen und hört auf. "Das hat wehgetan. Bis dahin wusste ich immer, was ich will. Das war jetzt vorbei." Heute würde sie dies als Scheitern bezeichnen, aber sie hat auch erfahren, wie konstruktiv diese Zeit war. "Man lernt eher, wenn es holpert. Man denkt anders über Dinge nach und fragt intensiver."
Sie nimmt eine Auszeit und überlegt, "was ich eigentlich machen will". Zunächst eine frei gewählte Arbeitslosigkeit. Seitdem weiß sie, was diese wirklich bedeutet. "Aus einem System heraus zu sein." 2001 beginnt sie eine berufsbegleitende fünfjährige gestalttherapeutische Ausbildung. "Gestalttherapie ist eine Therapieform, die sich sehr stark mit Wahrnehmung beschäftigt, mit Gewahrsein und Akzeptanz dessen, was ist." Die ersten zweieinhalb Jahre lernte sie, die eigene Wahrnehmung zu verfeinern und eine Sprache dafür zu finden. Das Ergebnis: Sie findet wieder einen Anknüpfungspunkt zu ihrem früheren Forschungsthema. "Der Kreis wurde rund. Meine Basis wieder stabiler."
Im Herbst 2002 fängt sie wieder beim TÜV Rheinland zu arbeiten an. Ihr Aktionsfeld erweitert sich. Ihr Schwerpunkt sind Fahrerassistenzsysteme - und die Frage der Mensch-Maschine-Interaktion. Überdies unterrichtet sie an der Akademie für ökologisches Design. Aufgrund der beruflichen Belastung hat sie das inzwischen wieder aufgegeben.
Oltersfeld ist eine Patchwork-Arbeiterin. Der Hauptjob findet beim TÜV Rheinland in der Innovationsforschung statt. Daneben arbeitet sie als freie Gestalttherapeutin mit Klienten, als Kommunikationstrainerin und Beraterin. "Einmal fest 30 Stunden beim TÜV, der Rest als Freiberuflerin." Zeit für die Freizeit bleibt ihr nicht viel. "Sport, laufen, lesen und Freunde." Ihre Arbeit nimmt sie sehr ernst. "Es ist mir wichtig, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die weiter denken, die das Kleine mit dem Großen in Verbindung bringen und sich mitreißen lassen." Was ihr fehle? "Eine Familie. Die gibt es leider noch nicht." Beruflich würde sie gerne irgendwann ganz selbständig arbeiten.
changeX hat sie schon sehr früh kennengelernt. "Die Denke hat mich angesprochen." Und dass viele Themen behandelt werden, die mich auch ganz persönlich betreffen. "changeX ist wie ein Gegenüber. Hier hat das Andersdenken ein Zuhause."
Karen Minna Oltersdorf, eine Frau, die fast am Ziel selbstbestimmten Arbeitens angekommen ist. Die Umwege dorthin entpuppen sich heute als wegweisende Selbstentfaltungsabschnitte.
Kontakt:
Karen Minna Oltersdorf,
c/o Werkstatt für angewandte Psychologie,
Bonner Strasse 271,
50968 Köln.
Tel.: 0221-3317757
Mobil: 0177-3317757
E-Mail: karen.oltersdorf@gestalt.de
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