In zwei Büchern des J. Kamphausen Verlags geht es um eine andere Art von Helden. Denen nämlich, die kaum einer kennt und die doch schon viel Gutes bewirkt haben und bewirken.
1. Moderne Helden.
Wenn man darin herumschmökert, die anrührenden Geschichten dieser Menschen liest, schafft man es, nach all den deprimierenden Schlagzeilen und Fernsehbildern, wieder, an das Gute im Menschen zu glauben. Und man bekommt Lust, sich selbst stärker zu engagieren für die Ziele, an die man glaubt, und sich nicht mit der obligatorischen Spende an Weihnachten zu begnügen. Denn, wie Gärtnermeister Ortwin Schneider schreibt: "Man bekommt auch viel zurück, wenn man was für andere tut. Daher mache ich gerne viele Dinge für andere - einfach weil es Spaß macht."
Mit Leidenschaft und Hartnäckigkeit.
Die Auswahl der Helden ist den
Autoren sehr gut gelungen, die Menschen, die sie vorstellen,
kommen aus vielen verschiedenen Bereichen.
Naturwissenschaftlerinnen, Feuerwehrmännern, Institutsleitern,
Verkäuferinnen und auch dem einen oder anderen Prominenten
begegnet man. Offen und nachdenklich geben sie Auskunft über ihre
Beweggründe, über Ereignisse, die sie geprägt haben, über ihre
Sicht auf den Sinn des Lebens. Leonie Heine, eine
Kinderkrankenschwester, erzählt: "Als ich als 13-jähriges Mädchen
das erste Mal in Südafrika war und dort das Krankenhaus einer
Missionsstation auf dem Lande besuchte, war ich so tief
beeindruckt von dem, was ich dort sah, dass in mir der tiefe
Wunsch entstand, eines Tages dort oder an einem ähnlichen Ort zu
helfen." Heute arbeitet sie für "Ärzte ohne Grenzen" in einem
Flüchtlingslager in Westafrika.
Für die Fotografin Nomi Baumgartl war ihr schwerer
Autounfall der Wendepunkt. Er riss sie aus ihrem Beruf, der auch
ihre Passion war, und stürzte sie in eine schwere Krise. Doch sie
schaffte es, sich daraus hervorzuarbeiten. "Ich sehe es als meine
Aufgabe an, den Menschen das zu schenken oder sie an das zu
erinnern, was sie verloren glaubten", schreibt sie. "Wir leben
jetzt! Viele Menschen können erst dann ihre Lebenskraft
wahrnehmen, wenn sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie
kostbar jeder Augenblick ist." Die Interviewer fragen: "Was
würden Sie den Menschen schenken?", und ihre Antwort ist: "Ein
Lächeln auf den Lippen!"
Für Gerhard Wegner war die Entscheidung weniger
schmerzhaft. "Ich saß nachts am Strand und begann über die
letzten 50 Jahre nachzudenken. An diesem Morgen fällte ich die
Entscheidung, mehr zu tun. Irgendwie denke ich, hat jeder eine
Aufgabe auf dieser Welt, die er zu erfüllen hat, um die Welt ein
Stückchen besser zu machen." Seine Wahl fiel auf den Schutz eines
verkannten, inzwischen vom Aussterben bedrohten Tiers: des Hais.
200 Millionen der Raubfische werden im Jahr von Menschen brutal
getötet.
Noch viele andere faszinierende Menschen gibt es in
Moderne Helden zu entdecken. Vera Bohle zum Beispiel, die
das Minenräumen zu ihrem Beruf gemacht hat. Sie ist sich dessen
bewusst, dass Fehler in diesem Beruf tödlich sein können. "Doch
mit jeder geräumten Fläche kehrt in den Krisengebieten wieder ein
Stück Normalität ein und dafür lohnt es sich." Den Winzer Thomas
Schauer, der zu einem Thema, das ihm wichtig war, ein großes
Filmprojekt aus dem Boden gestampft und damit bewiesen hat, wie
es durch Gewitztheit und Entschlossenheit gelingen kann, das
Unmögliche möglich zu machen.
Und auch einige Prominente haben es in die Liste der Helden
geschafft, weil sie ihre Bekanntheit nutzen, um auf Missstände
aufmerksam zu machen oder Projekte zu gründen. Alfred Biolek
erinnert, was für eine Katastrophe Aids für Afrika ist, Peter
Maffay erzählt von seiner Tabaluga-Stiftung für traumatisierte
Kinder und Rüdiger Nehberg über seine Kampagne für die
Yanomami-Indianer. Doch da man von diesen Vorhaben schon gehört
hat, ist es fast spannender zu lesen, was eine Krebsforscherin
von ihrer Arbeit erzählt, warum die Mutter eines behinderten
Kindes eine Delfintherapie-Stiftung organisiert oder was für eine
skurrile Begebenheit den Kriminologen Christian Pfeiffer dazu
gebracht hat, mit Freunden den Hilfsverein Brücke e. V. zu
gründen.
Nachdenken über die Welt.
Mit Fragen wie "Was hält die Welt
zusammen?", "Was ist im Leben wirklich wichtig?", "Wie nehmen Sie
die Welt wahr?" steuern die Autoren ihre Helden behutsam in die
Nachdenklichkeit und erlauben einen faszinierenden Einblick in
die Art, wie unterschiedlich Menschen denken.
Zukunftsforscher Matthias Horx meint: "Es geht im Leben um
Er-Lösung des eigenen Potenzials ... Mich beeindruckt immer, wozu
Menschen an Großartigem fähig sind, wenn sie sich aus den Fesseln
ihrer Vergangenheit befreien. Umgekehrt leide ich auch immer,
wenn ich das Gefühl habe, dass Menschen unter ihren Möglichkeiten
bleiben." Musiker Thomas D. schreibt: "Der Sinn des Lebens ist
dabei das Leben selbst. Das Ende jeglicher Philosophie ist das
Einatmen-Ausatmen." Für den Kung-Fu-Meister und
Feng-Shui-Experten Howard Choy hat dagegen alles, was er in
seinem Leben macht, eine Verbindung zum Qi, einer universellen
Lebenskraft. Eva Koglin, eine junge Mutter von fünf Kindern,
sagt: "Viele Menschen sind ständig auf der Suche nach irgendwas
oder fragen sich nach dem Sinn des Lebens. Wenn man Kinder hat,
stellt man sich diese Frage nicht mehr."
Auch die Einsichten, die die Interviewpartner durch ihre
Arbeit gewonnen haben, sind Thema. Ruth Jüttner von Amnesty
International schreibt: "Was mich persönlich beeindruckt hat, ist
die Kraft und die Fähigkeit, zu vergeben. Es sind diese Menschen,
die jahrelang im Gefängnis gesessen haben oder nach grausamen
Bürgerkriegen und Unterdrückung es schaffen, die Hand zur
Vergebung auszustrecken und sich für den Frieden
einzusetzen."
2. Vorbilder. Menschen und Projekte, die hoffen lassen.
Seit 1980, also schon seit einem Vierteljahrhundert, wird der - inzwischen weltweit anerkannte - Preis für Projekte im Bereich Umwelt und Menschenrechte verliehen, über 100 Menschen aus 48 Ländern sind damit gefördert worden. Der Preis sorgt dafür, dass die Arbeiten der Preisträger bekannt werden und Unterstützung erhalten. Er steht für Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit, für die Möglichkeit, die Welt positiv zu verändern. Im Zeitalter der Globalisierung wird er stärker denn je gebraucht, denn da die nationalen Regierungen sich immer hilfloser zeigen, bleibt es Organisationen wie der Right Livelihood Foundation überlassen, wichtige Initiativen voranzubringen.
Das Buch Vorbilder berichtet umfassend über Preis und Preisträger und liefert eine Menge Hintergrundinformationen: Wie werden die Kandidaten vorgeschlagen, überprüft und in der Jury diskutiert? Welche Gründe hatte von Uexküll, einen so großen Teil seines Privatvermögens in diesen Preis zu investieren? Es ist eine Fundgrube von Materialien für jeden, der sich für das Thema Frieden und Umwelt interessiert.
Jeder Preisträger wird in Bild und einer Reportage und mit einer Kontaktadresse vorgestellt, im Anhang gibt es Auszüge aus ihren Reden, in denen sie ihre Projekte und Beweggründe selbst schildern. Ausgezeichnet worden sind zum Beispiel das Volk von Palau und High Chief Ibedul Gibbons für ihren jahrelangen Kampf um das Recht auf Freiheit von Atomwaffen; Wangari Maathai und die Grüngürtelbewegung in Kenia (die später auch mit einem Friedensnobelpreis gewürdigt wurde); José Lutzenberger, einer der vielseitigsten Umweltaktivisten Lateinamerikas; der Jurist Juan E. Garcés für seine langjährigen Bemühungen, die Straffreiheit des früheren chilenischen Diktators Pinochet zu beenden, die Politikerin Petra Kelly für ihr Eintreten für Abrüstung, Umweltschutz und Gerechtigkeit sowie Arna Mer-Khamis von "Care and Learning" für ihr leidenschaftliches Eintreten für den Schutz und die Bildung der Kinder Palästinas.
Wer Vorbilder sucht - Menschen, die mit Zivilcourage und Gewissen handeln -, der findet sie hier.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Michael Fuchs / Steffen Gill (Hrsg.):
Moderne Helden,
J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 2005,
181 Seiten, 20 Euro,
ISBN 3-89901-055-8
Jürgen Streich:
Vorbilder.
Menschen und Projekte, die hoffen lassen.
Der Alternative Nobelpreis,
J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 2005,
453 Seiten, 20 Euro,
ISBN 3-89901-057-4
www.weltinnenraum.de
www.moderne-helden.de
www.rightlivelihood.org
© changeX Partnerforum [19.09.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zu den Büchern
Michael Fuchs / Steffen Gill (Hrsg.): Moderne Helden. J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 2005, 181 Seiten, ISBN 3-89901-055-8
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Jürgen Streich: Vorbilder. Menschen und Projekte, die hoffen lassen. Der Alternative Nobelpreis.. J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 2005, 453 Seiten, ISBN 3-89901-057-4
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