Browserfutter: changeX.de
Von Tanja Busch
Das Online-Magazin changeX.de beschreibt den Wandel in der
deutschen Wirtschaft und Gesellschaft. Das Schönste daran: Es macht
Mut, aktiv zu werden – statt zu jammern.
Es passiert täglich in Deutschland:
Ein Nachbar wird arbeitslos, im Job ändern sich Arbeitsinhalte, ein
Manager fühlt sich – kaum an der Spitze – sehr einsam. Das
Online-Magazin changeX.de beschäftigt sich mit solchen
Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Seit fast vier Jahren
beschreiben die Redakteure den Wandel in Deutschland und
beleuchten, wie sich Veränderungen – etwa im Management – auf den
einzelnen und seine Arbeit auswirken. Das Magazin richtet sich an
alle, die sich als „Multiplikatoren“ in Wirtschaft und Gesellschaft
sehen: zum Beispiel Manager, Dozenten und Existenzgründer.
Die in orange-gelb-weiß gehaltene Website suche ich immer
auf, wenn ich einen Muntermacher brauche. Die Seiten bauen sich
schnell auf, kein Werbebanner stört. Die Rubriken sind einfach
gegliedert und lassen Themen schnell aufspüren: „Arbeit &
Leben“, „Wissen & Lernen“, „Wirtschaft & Management“ und –
streng vom redaktionellen Teil abgegrenzt – das „Partnerforum“.
Dort präsentieren sich Unternehmen, die die Website finanzieren.
Dazu gehört der Frankfurter Campus Verlag, der als Gegenleistung
für einen jährlichen Betrag einen bestimmten Umfang von Textseiten
bekommt, auf denen er Bücher aus seinem Angebot besprechen kann.
Klar abgegrenzt sind auch die einzelnen Textformen;
Buchrezensionen, Essays, Kommentare – und Gespräche. „Sie werden
mit Experten geführt, die von anderen Medien eher wenig beachtet
werden. Oft arbeiten diese Menschen in Nischen“, sagt Chefredakteur
und Geschäftsführer Peter Felixberger. Das führt zu neuen
Blickwinkeln, finde ich.
„Menschen, die nicht mit den Wölfen heulen.“
Die Schreiber wollen auch
motivieren, aktiv zu werden. So haben sich changeX-Autoren auf
die Suche nach Menschen gemacht, „deren Verständnis von
Wirtschaft und Arbeit konstruktiv anders ist. Die Alternativen
vorleben und nicht mit den Wölfen heulen.“ Einer dieser Menschen,
den sie vorstellen, ist Katja Wiese. Für die Autoren ist sie eine
Umweltschützerin mit „Marketingköpfchen“: Sie kauft Land mit dem
Geld sponsorwilliger Menschen, um es zu schützen. In jedem Land
der Erde sollen zehn Prozent der Fläche unter Naturschutz stehen,
lautet ihre Vision. Traditionelle Naturschutzorganisationen, so
moniert sie, seien noch zu sehr in den 80er Jahren stehen
geblieben und dächten noch immer in dem Freund-Feind-Schema von
damals. „Das klingt arrogant“, sagt Wiese, „aber man kann viel
mehr erreichen, wenn man mit den Leuten mitgeht.“
Ein anderes Beispiel ist ein Essay von Ralf G. Nemeczek.
Unter dem Titel „Lebst du schon oder existierst du noch?“
ermutigt der Autor zum eigenverantwortlichen Handeln statt zum
permanenten Beschweren. „Immer haben wir die Wahl, ob wir an
einem Misthaufen oder an einer Rose riechen.“ Er ermuntert die
Leser, ihrer Berufung zu folgen und sie auszuleben. „Wenn wir
unsere Talente zurückhalten, schaden wir nicht nur unserer
Gesundheit und unserem Erfolg, sondern wir enthalten auch all den
Menschen unsere Unterstützung vor, die enorm davon profitieren
würden, wenn wir unsere Gaben als Aufgaben annehmen würden.“ Sein
Fazit: „Raus aus der Bequemlichkeit des Dahinvegetierens, hinein
in die Selbstbestimmung eines gelungenen Lebens.“
Arbeitslosigkeit als Chance.
Felixberger, der als Lektor und
Publizist gearbeitet hat, will mit dem Online-Magazin die
Blickwinkel aktueller Probleme und Entwicklungen ändern. „Es wäre
schön, wenn die Leser dabei einen ganzheitlichen Blick bekommen“,
sagt der studierte Politologe.
Die Beiträge sind dicht an aktuellen Problemen in der
Gesellschaft und dennoch zeitlos. Zahlreiche Artikel drehen sich
um die Arbeitslosigkeit. So beschreibt eine Unternehmerin die
Insolvenz ihrer Firma und schildert, wie sie neu anfing. Die
Offenheit kam an, aus dem Erfahrungsbericht entstand ein Buch.
Die Texte signalisieren: Sei mutiger, entfalte
Eigeninitiative, jammere nicht – wie es viele Deutsche nun einmal
gern tun. Beim Lesen nicke ich innerlich und fühle mich
motiviert. Wer weitere Infos zu den Beiträgen braucht, erfährt
die Kontaktadresse jeweils unter dem Text. Ein guter Service, der
offenbar rege angenommen wird. „Wir wollen, dass sich die Leser
zu einer Community verbinden und erfahren oft, dass sich die
Menschen tatsächlich zu einem Netzwerk zusammenschließen“, sagt
Felixberger.
Ergiebiger Wissensspeicher.
Wer nur Infohäppchen liebt, ist bei
changeX.de auf der falschen Seite. Die Beiträge sind eher lang
und laden zum Ausdrucken ein. Das geht komfortabel im PDF-Format
oder in HTML. Das Archiv ist ein reichhaltiger digitaler Wissens-
und Meinungsspeicher mit über 1.600 Artikeln.
Sortierungsmöglichkeiten erleichtern die Suche, allerdings gibt
es – kleiner Punktabzug – keine Volltextsuche, nur eine
Schlagwortsuche.
Leider ist changeX seit dem 1. Oktober nur noch Abonnenten
zugänglich, wenn auch zu einem akzeptablen Preis von 5 Euro pro
Monat. Das Halbjahresabo kostet 25 Euro, das Jahresabo 48 Euro.
Positiv: Man kann das Online-Magazin zunächst für 48 Stunden
gratis testen.
Der virtuelle Kurztrip scheint viele User zu überzeugen:
„Seit das Online-Magazin kostet, steuern es mehr Leser und
Werbekunden an“, sagt Felixberger und fügt hinzu: „Die Menschen
denken eben, dass ein Angebot werthaltiger ist, wenn es nicht
umsonst ist.“ Wie wäre es also, das Online-Magazin auch in
Papierform am Kiosk zu verkaufen? „Das wäre unzeitgemäß“, sagt
der 44-Jährige. „Wir erreichen die Leser ja meist an ihrem
Arbeitsplatz und verbinden uns so direkt mit ihnen.“
Quelle:
Financial Times,
www.ftd.de,
17.12.2004
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